Die Entdeckung der Depression als Heilmittel gegen den Staat

Bild von Alf Glocker
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Es war einmal in einer fernen Diktatur, da lebte ein Dorfdepp, der aber zugleich auch ein Stadtdepp war, ein Universaldepp also. Dieser Depp kam aus dem Staunen nicht mehr hinaus, denn dort wo er lebte, spielten sich Wunder ab, die ein Universaldepp einfach nicht begreifen konnte. In seiner langen Karriere als Depp hatte er ja schon viel gesehen, aber eine - so nannte er es - „Verschwörung der Wunder“ - war ihm bisher fremd.

Weil er ein Depp war, traute er seinen Augen und Ohren nicht. Er ging zum Arzt, wo er sich untersuchen ließ, aber der Arzt sagte ihm nur: „Sie sehen gut, sie hören gut – vielleicht stimmt mit ihrem Gehirn etwas nicht!“ Der Depp überlegte nicht lange, denn er war ja ein ausgesprochener Depp, der nie lange zu überlegen brauchte, bis er eine Unwahrheit fand, und er kam zu dem Schluss, daß er traurig war. Handelte es sich dabei um eine Dep(p)ression? Der Depp war völlig verdattert! Er wusste zwar, daß er ein Depp war, aber daß sein Talent zum Deppen so groß war, hatte er nicht vermutet.

Oft hatte er sich vorgemacht, daß es doch nicht an seiner Traurigkeit liegen könne, wenn er zur Kenntnis nahm, daß in seinem Staat, der zugegeben seiner gar nicht war, alle furchtbar seltsamen Regeln folgten. Aber das war sicher nur sein Deppenurteil gewesen, das ihn zu solch absurden Trugschlüssen verleitete. Er, der Depp, konnte sich halt einfach nicht erklären, daß Vergewaltiger neuerdings freigesprochen, Mörder begnadigt und Kindesmisshandler hoch angesehen wurden. Er hielt das für pervers – demgegenüber hielt man ihn, den Deppen, für pervers.

Besonders, wenn er sich dazu äußerte, schaute man ihn ultraschief an, obwohl er einwandte, daß es da Leute gäbe, die Frauen verprügeln offen gut heißen durften und sogar welche, die zum bewaffneten Kampf gegen seinesgleichen aufriefen – und zwar ohne dafür ultraschief angeschaut zu werden. Dem Deppen schwindelte es auf einmal vor lauter Schwindel, und er fragte sich laut und immer lauter, wann man ihm denn verbieten würde weiterhin ein Depp zu sein? Erste Anzeichen dafür gab es schon ... immer öfter musste er sich sagen lassen: „Halt's Maul, du Depp!“.

Würde er froh sein, wenn er kein Depp mehr sein durfte, und demnach wohl in den Kreis der edlen Verbrecher oder Begünstiger des Verbrechens aufgenommen wäre? Würde er dann bekennen müssen, daß er einer von ihnen war? Oder wäre allen zweifelsfrei klar, daß aus einem solchen Deppen, wie er es war, nie ein repsektabler Intelligenzbolzen, im Sinne des Verbrechens werden würde? Allein schon, daß der Depp die Intelligenzbolzen verdächtigte, in Wirklichkeit Verbrecher zu sein, deutete darauf hin. Was also stand ihm bevor? Klüger konnte er ja nicht werden – Depp bleibt Depp. Niemand kann sich klüger stellen als er ist. Andersrum geht das ganz locker. Also, begriff er alsbald: warum nicht einfach weg mit mir?! Das tat ihm gut – mit dieser medizinalen Depression konnte er noch ein kleines Weilchen weiter leben ... Er musste sie sich nur täglich verabreichen.

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Kommentare

24. Nov 2016

"Der Depp" darf man heut nicht mehr sagen!
(Weibliche Deppen könnten klagen ...)

LG Axel

24. Nov 2016

Dann wir noch die Deppinnenquote einführen ;-))

LG Alf

24. Nov 2016

Umwerfend. Tolle Deppengeschichte. Gratuliere.
Dazu ergänzende Kommentare, alles ist gut...
LG Monika

25. Nov 2016

Vielen Dank liebe Monika!

LG Alf