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Wie Ulla später Christian gegenüber bemerkte, war Lars niemand, der sich Umsetzungen aktiv beteiligte. Christian fragte sich daraufhin, woher sie das wissen konnte. Eine Antwort fand er darauf jedoch nie.
Zwischen den Vorlesungen trafen sich die Studenten auf dem Hof. Auch dort ergriff Lars das Wort und versuchte, die Kommilitonen in tiefgreifende Gespräche zu verwickeln. Christian mochte diese Art der Machtergreifung nicht und doch fühlte er sich zu schwach, um dagegen antreten zu können. Somit blieb Lars ein Studienkollege, den Christian auf mehr Distanz hielt, als er es ohnehin bei den anderen tat.
Ulla schien Lars´ Art nicht zu stören oder sie konnte besser damit umgehen. Jedenfalls sprach sie regelmäßig mit ihm und Christian wusste nicht, inwieweit sie Lars tatsächlich mochte. Ihre gleichbleibende Freundlichkeit ließ sich nicht durchschauen, doch für Christian bedeutete dies, dass Ulla keine Unterschiede machte.
Es überraschte Christian, dass er zu der Party eingeladen worden war. Vielleicht lag es an Ulla, die Lars unbedingt dabei haben wollte. Als Christian dieser Gedanke kam, sank seine Laune noch tiefer.
Doch als Winton am Wochenendhaus parkte und sie den schmalen Pfad durch ein Sträucher Dickicht zum See hinunter stapften, erkannte Christian, dass die Gäste fast ausschließlich aus Studienkollegen bestanden. Vermutlich hatte Lars alle Kommilitonen des Jahrgangs eingeladen. Da Christian die meisten vom Sehen her kannte, vermutete er, dass Lars keine Freunde besaß, die solch einer Einladung gefolgt wären. Das einzige Ziel bestand darin, überhaupt Menschen an diesem Ort zu versammeln.
Der See lag in einer Talsenke und war so klein, dass man bis zur gegenüberliegenden Seite blicken konnte. Am größten Teil des Ufers wuchsen die Bäume bis zum Rand des Wassers. Es gab nur eine Handvoll Stellen, an denen man hinunter zum Ufer gelangen konnte. Eine davon befand sich unterhalb des Hauses von Lars´ Eltern. Hier bestand der Strand aus lehmigem Matsch. Ihm schloss sich ein kleiner Buckel an, der mit Waldgras bewachsen war und von dem aus man freie Sicht auf den See hinaus hatte. Mochte der Boden auch lockerer sein, als am Ufer, so war er doch noch lehmig genug, dass eckige Holzpfeiler in den Untergrund gerammt werden konnten. In ihrer Anordnung bildeten sie ein zweimeterfünfzig hohes Quadrat. Am oberen Ende der Pfeiler hatte jemand Hakenschrauben hineingedreht. Über sie legte Lars eine Girlande, welche nun die offizielle Partyfläche in einiger Höhe abgrenzte und wie die Markierung eines Hubschrauberlandeplatzes wirkte. Tatsächlich hatte Lars es sich als eine Art offenen Pavillon gedacht, der das Zentrum der Feiere darstellen sollte. Die Girlande bestand aus kleinen, dreieckigen Wimpeln in verschiedenen Farben. Als Dekoration wirkten sie recht trostlos, aber sie waren nicht als Hauptattraktion gedacht.
Inmitten des Pavillons lagen aufgeschichtete Holzscheite. Obwohl die Dämmerung erst einsetzte, waren sie worden und züngelten fast einen Meter empor. Sobald die Dunkelheit einsetzte, würden sie genug Licht und Wärme abgeben und die Gäste konnten um das prasselnde Feuer herum tanzen.
Eine Reihe von Getränkeflaschen stand unsortiert auf einem alten Tapeziertisch herum, der ein wenig abseits aufgebaut worden war. Unter ihm lagerten Bierkästen. Lars mochte meinen, dass die Gäste sich schon alleine zurecht finden würden. Er hatte die Party als Sommerfest deklariert und damit glaubte er, genug getan zu haben. Nach seiner Meinung benötigte eine Party lediglich Raum, um sich entwickeln zu können und dafür hatte er ausreichend gesorgt. In seiner Vision hing alles an dem Umstand, dass die Gäste sich aufeinander einließen und nicht von der Dekoration abgelenkt wurden. Mochte dies auch Lars´ grundsätzliche Überzeugung sein, so gab er sich in dieser Beziehung jedoch ebenfalls keine Mühe.
An die vierzig Gäste waren gekommen. Einige von ihnen saßen unten am Ufer des Sees auf dem Lehmboden und sahen auf das Wasser hinaus. Die meisten aber standen unschlüssig um den Pavillon herum und Lars hatte sich zu ihnen gesellt, um in seiner gewohnten Haltung die Unterhaltung zu führen. Auch wenn ihm niemand wirklich zuhörte, schien er mit seiner Feier zufrieden. Sie deutete jene unbeschwerte Freiheit an, die Lars sich vorstellte.
„Oh Mann“, sagte Christian, als die vier über den Pfad durch das Dickicht hindurch den Platz erreichten.
„Sieht doch hübsch aus. So atmosphärisch“, bemerkte Winton und meinte damit sicherlich das Lagerfeuer, an dem zwei junge Frauen mit einem bärtigen Kerl standen und giggelten. Dem Mann mit dem Bart schien das zu gefallen. Er redete auf sie ein und die beiden Frauen lachten bei jedem Satz von ihm.
Winton sagte nichts und Ulla lächelte vor sich hin.
„Ah!“ rief Lars, als er die vier ankommen sah und schritt auf sie zu.
Er hob theatralisch die Hand, so als handele es sich um seine Ehrengäste.
„Gut gefunden?“ fragte er, umarmte zunächst Ulla und küsste ihr auf die Wange.
„Ich besitze ein Navigationsgerät“, erklärte Winton und Lars sah ihn daraufhin interessiert an.
„Das ist Winton“, stellte Karin ihren Freund vor, so als habe sie lange auf diesen Augenblick gewartet.
„Willkommen zu meiner kleinen Sommerparty“, sagte Lars.
Christian stand neben ihm und sah zu dem Lagerfeuer hinunter, an dem der Bärtige erneut irgendetwas Komisches von sich gegeben haben musste. Es animierte die beiden Frauen, wieder vor sich hin zu kichern.
„Ich habe die Dekoration reduziert. Viel Platz für Spontanität, versteht ihr?“ fragte Lars, als er Karins zweifelnden Blick zu dem Festplatz hinüber sah.
„Spontanität ist immer gut“, sagte Winton. „Da entwickeln sich die besten Sachen.“
Karin wandte ihrem Freund den Kopf zu und nickte zustimmend.
„Ich besorge etwas zu trinken“, erklärte Christian, der den Tapeziertisch entdeckt hatte.
„Da unten“, wies Lars überflüssigerweise an. „Du findest dich schon zurecht. Es sind eine Menge Leute da, die du kennst.“
Dies war eine Übertreibung, die selbst Ullas Drang zu Mengeneinheiten in den Schatten stellte.
„Bring mir etwas mit“, rief Ulla Christian hinterher und der Mann nickte.
„Besorgst du mir ein Wasser?“ fragte Karin ihren Freund.
„Wasser? Ich bin der Fahrer“, erklärte Winton erstaunt.
„Ich mag Alkohol nicht besonders“, sagte Karin.
„Dann kannst du ja zurück fahren und ich trinke vielleicht doch etwas“, erklärte Winton.
„Wenn du willst“, sagte Karin, woraufhin Winton Christian nachlief.
Ulla stand noch immer neben Lars und beobachtete die Partygäste. Die Sonne ging über dem See unter und ein rötlicher Schleier legte sich über das Wasser. Die gegenüberliegende Uferseite war nur noch als schwarzer Streifen zu erkennen. Der Schein
Kommentare
Der Autor schuf ein Werk mit Feuer -
Und wie es wirkt. Ganz ungeheuer!
LG Axel
Danke für die schöne Partyyyyyyy!!!!!!
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