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inneres Vergnügen hatte.
Sven liebte seine Frau mit jener abgöttischen Hingabe, die bereits an Verblendung grenzte und keines kritischen Gedankens mehr fähig war. In ihm selbst brannte die innere Sehnsucht, die Begier nach der Zärtlichkeit seiner Frau, so dass er tagsüber bei seiner Arbeit oft unkonzentriert war, weil er die grünen Augen seiner Frau innerlich auf sich gerichtet sah. Er verwöhnte sie, wie er nur konnte, schonte keine Ersparnisse, brachte Geschenke und Blumen mit nach Hause und behandelte seine Kim mit eben jener ritterlichen Höflichkeit, wie sie ihm einstens von der Mutter gelehrt worden war.
Kim indessen stürzte sich, wenn sie wieder miteinander allein waren, wie ein Tiger auf ihn und forderte Liebestribut. Da er, von Natur eher mild und sanft, nicht immer jene Kraft aufbringen konnte, die sie von ihm erwartete, wurden die anfeuernden Liebesschläge mit der Zeit etwas heftiger und ungestümer, zum Teil auch schon recht schmerzhaft, und ihm, dem geschlagenen Mann, wurde dabei, er wusste nicht wie. Nie wäre ihm dabei in Sinn gekommen, sich zu wehren. Zu sehr liebte er seine Frau, zu sehr war er zur Ritterlichkeit erzogen worden. Nie hätte er seine eigene Hand gegen sie erheben mögen, oder auch nur in seinen Worten den Anklang einer Drohung hören lassen wollen. So leistete er eben, auf dem Lager der ehelichen Pflicht, seine Aufgabe, stand seinen Mann, so gut er es, wenn er müde und abgespannt war, noch vermochte.
Einmal überraschte sie ihn mit folgenden Worten:
"Wenn du so abgeschlafft bist, dann such ich mir einen andern Lover."
Ihm war zum Weinen. Er sagte:
"Aber, Kim, das kannst du doch nicht machen. Du weißt doch, dass ich dich über alles liebe."
Ihre grünen Augen blitzten katzenhaft:
"Dann zeig, was du kannst."
Und nun, unter diesem plötzlichen Leistungsdruck, geschah das Malheur, dass er überhaupt nicht mehr konnte. Er war geknickt, geschwächt und gehemmt, zurückgestoßen in die allgemeine Ohnmacht einer augenblicklichen Impotenz. Plötzlich schnellte sie unter ihm auf, ergriff mit ihren starken Judoarmen seinen knabenhaften Körper, als wäre er eine leichte Gummipuppe, und legte ihn übers Knie und schlug so heftig auf ihn ein, dass seine Gesäßbacken vor Hitze brannten und rot zu leuchten begannen. Noch nie hatte er eine so schallende Tracht Prügel erhalten. Hinterher warf sie ihn von sich weg, dass er, wie ein gebeutelter Sack, auf den anderen Teil des ehelichen Doppelbettes hinüber flog. Gerade noch konnte er beobachten, wie sie danach, heftigst erregt, sich selbst befriedigte.
Der Chef hatte sich alles angehört. Immer wieder musste er Sven ermuntern, weiter zu reden. Dessen Gesicht war von Schamröte übergossen. Nur mit größter Mühe und nach wiederholter Aufforderung konnte er weiter sprechen.
Nun muss man nicht denken, dass Sven in solchen Szenen angefangen hätte, seine junge Frau zu hassen. Ganz im Gegenteil. In ihm entwickelte sich ein gefährliches Gefühlsgemisch, aus Angst und begehrender Liebe. Und noch etwas kam hinzu. Das Gefühl, von ihr, seiner jungen geliebten Frau geschlagen zu werden, war ihm nicht einmal unangenehm. Beinah fühlte er sich dabei wie ein kleiner Junge, so manche Szene kam ihm in Sinn, als ihn auch seine eigene Mutter, die liebte und verehrte, damals übers Knie gelegt hatte und ihm kleinere Züchtigungen verabreichte.
Wenn er tagsüber, am Samstag- oder Sonntagnachmittag, mit ihr an der Uferpromenade spazierenging, eng umschlungen wie Jungverliebte, dann schienen sie wieder das Traumpaar, und niemand hätte ahnen können, was sich im Bewusstsein der beiden innerlich abspielte. Wenn sie ihre katzengrünen Augen ihm zuwandte, ihn charmant anlächelte, mit ihrer drahtigen und muskulösen Damenhand, die äußerlich so fein und grazil wirkte, ihm über den Rücken glitt und ihn zärtlich streichelte, dann überrieselten ihn unbeschreibliche Gefühle von schaudernder Angst und zitternder Begierde. Und wenn sie in Gesellschaft waren und er sich gerade, wie er es auch früher immer getan hatte, zu irgendeiner Frage freimütig äußerte, dann konnte es sein, dass sie ihm einen scharfen Blick zuwarf, wobei ihre Lippen plötzlich einen strengen Ausdruck annahmen, so dass er die unausgesprochene Botschaft vernahm: warte nur, wenn wir miteinander allein sind. Dann verstummte er, beschämt wie ein Schulbub, den man soeben gerügt hat. Ja, er liebte seine Frau, radikaler, als er je für möglich gehalten hätte, und hatte zugleich Angst vor ihr.
Diese Angst verstärkte sich, als Kim plötzlich, so ganz nebenbei, anfing Forderungen an ihn zu stellen, Forderungen materieller Art, neue Kleider, teuren Schmuck, weite Reisen, aber auch andere Ansprüche des gehobenen kulturellen Zeitvertreibs. Das Merkwürdige war nämlich, dass sich die gesellschaftlichen Interessen Kims in dieser Zeit eher weiter entwickelten und sie dadurch immer wieder andere junge Männer mit nach Hause brachte, mit denen sie, vor Svens Augen, ungeniert flirtete.
Hier nun begann seine eigentliche Leidenszeit. Immer wieder versuchte er aufzubegehren, seine Frau zur Rede zu stellen, ja, ihr zu drohen. Doch oft schon genügte von ihr ein bestimmter grüner Katzenblick, verbunden mit ein paar zärtlichen Worten unter verheißungsvollem Gurren, und er wurde schon wieder weich und mürbe.
Als sie einmal drauf und dran war, einen jungen Musiker, den sie in Sektlaune mitgeschleppt hatte, zu umarmen und zu küssen, da drängte er sich zwischen die beiden und wollte seine Hand gegen sie erheben. Sie griff dann nach dem Teekessel, in dem Wasser kochte, und goss ihm brühend heißes Wasser ins Gesicht. Heulend, wie ein gebranntes Tier, torkelte er zurück und rannte ins Bad, um sich zu kühlen. Und manchmal konnte es auch vorkommen, dass sie, wenn er ihr wieder mit irgendeiner Bemerkung ihren liederlichen Lebenswandel vorhielt, ihm mit einem Messer drohte.
Sven war vornüber gesunken. Er schien der Ohnmacht nahe. Der Chef streichelte ihm begütigend über seine Haare. Warum er denn niemand etwas gesagt habe? Das Verhalten seiner Frau sei doch kriminell. Nur mit keuchender Stimme und in abgerissenen Sätzen vollendete Sven seine Beichte.
In dieser Zeit schien nun die Angst seine Liebe zu ersticken. Doch sah er keinen Ausweg mehr. Er traute sich nicht, irgendeinem Menschen Mitteilung zu machen von dem Leben, das er in seinen vier Wänden führen musste. Alle würden ihn auslachen. Er hörte schon seine Kollegen witzeln. Frauen werden geschlagen, aber doch keine Männer. So was gibt’s doch nicht. Frauen sind zu schützen, sie sind die schwachen. Nicht die Männer. Und Sven fühlte sich so allein, dass er manchmal, wenn es seine Frau nicht merkte, - denn auch dafür musste er mittlerweile schon um Erlaubnis fragen - das Weite suchte und im nahegelegenen Park spazierenging. Wenn er dann Liebespaare beobachtete, dann versank er in seine Erinnerungen, und wenn Vögel zwitscherten, dann wurde ihm manchmal wohler.
Freilich kam die Unterschlagung heraus. Ihm war klar, dass solche Machenschaften nicht verborgen bleiben konnten. Insgeheim hatte er sich danach gesehnt. Vielleicht erschien ihm eine Zelle mit schützenden Wänden mittlerweile als begehrenswerte Zukunft.