Justine oder vom Missgeschick der Tugend - Page 127

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Ach, mein Lieber, wie drängt es mich, es in dem Hintern meiner Frau zu erblicken. Wende mir deine Hinterbacken zu, Bressac, damit ich es einen Moment in deinen Arsch treibe ... Aber es geht ja! ... Oh, welch ein After, mein Neffe, welch ein After! Nie sah ich einen so weiten. Freunde,« sagte er zu seinen beiden Lustknaben, »der eine soll Bressacs Hoden reiben, der andere ihm seinen Hintern überlassen; leisten Sie die einem bearbeiteten Menschen gegenüber erforderlichen Dienste. Man darf in solchem Fällen keine Pflicht außeracht lassen.« – Die Sache ging so trefflich vor sich, daß Bressac bearbeitet und bearbeitend, nahe daran war, zu ergießen. »Halt! Halt!« schrie sein Onkel, der es bemerkte, »halte Maß, mein Freund, ich wollte nur dieses Experiment machen. Ich höre zum Diner läuten, begeben wir uns zu Tische. Das ist für mich ein interessanter Moment; beim Nachtisch stehe ich Euch wieder zur Verfügung; das ist dann der richtige Augenblick, wo wir einige Szenen aufführen wollen, die uns alle Vier ein wenig ergötzen werden.«

Man begab sich zu Tasche. »Verzeihung,« sagte der Graf,[298] »ich rechnete nicht auf Euch; mein Neffe hatte mir nichts geschrieben, daher muß ich Euch mein tägliches Diner vorsetzen; Ihr werdet sehr durch dessen Minderwertigkeit leiden.«

Man trug zwei Suppen auf: eine Nudelsuppe und eine Kraftbrühe mit Schinken; dann Hinterfleisch vom Rind, in englischer Manier zubereitet, zwölf Nebengerichte, davon sechs gekochte, sechs pflanzliche; zwölf Entrées, und zwar viermal Rindfleisch, ebenso oft Geflügel und Pasteten; eine Blutwurst, zwölf Braten, zwei Zwischengerichte, zwölf Gemüse, sechs verschiedene Arten Creme und sechs Pasteten; zwanzig Schüsseln mit Früchten und Kompott; sechs Arten Gefrorenes; acht verschiedene Weine, sechs verschiedene Sorten Liqueur, Rum, Punsch, Schokolade, Kaffee. Gernande kostete jede Speise; manche Schüssel wurde von ihm vollständig geleert; er trank zwölf Flaschen Wein, vier Volney bei Beginn, vier Arten d'Aï zum Braten; zum Obst Tokayer, Paphos, Madeira und Falerner;24 er beschloß mit zwei Flaschen Liqueur, einer Pinte Rum, zwei Schalen Punsch, und zehn Tassen Kaffee. Die beiden, d'Esterval und der Marquis de Bressac, die ebenso starke Esser waren, hielten ihm Stand; aber sie schienen erhitzt zu sein, während Gernande ebenso frisch war, als wenn er eben aufgewacht wäre.

Was Justine betraf, der man bereitwilligst einen Platz am Ende des Tisches einräumte, so setzte sie ihre gewohnten Tugenden: Enthaltsamkeit, Nüchternheit und Bescheidenheit der groben Unmäßigkeit der Frevler entgegen, unter die sie ihr unglückseliges Geschick versetzt hatte.

»Nun denn,« sagte Gernande, »die Tafel aufhebend ..., fühlen Sie sich disponiert zur Aufführung einiger geiler Szenen? Was mich anbelangt, so muß ich gestehen, daß jetzt für mich der richtige Moment ist.« – »Ja, bei Gott, tun wir etwas,« sagte Bressac, »die Probe aus dem männlichen Serail, das ich vorhin sah, erweckt in mir außerordentliche Lust nach dem übrigen.« – »Ganz wie du willst,« antwortete der Graf: »vielleicht wird es dir recht sein, zu sehen, wie ich in Sachen der Wollust vorgehe; ich werde es dir an Justine zeigen.« – »Und Ihre Gattin?« fragte Dorothéa. – »Ach, die werden Sie erst in zwei bis drei Tagen sehen; sie ruht sich nach jeder meiner Sitzungen aus; sie bedarf einer langen Erholung, woraus Sie vielleicht schließen können, was Sie sehen werden. Alle meine Schändlichkeiten werden Sie überraschen, Madame; aber man versichert, daß Sie philosophisch und wollüstig seien; bei solchen Eigenschaften aber kann man durch nichts in Erstaunen versetzt werden; denn da man selbst Leidenschaften hegt, findet man sie alle bei anderen auch für ganz selbstverständlich.« – »Liebenswürdiger Vetter,« sagte Dorothéa, »ich betrachte die offene und unbefangene Art, mit der[299] Sie sich mir gegenüber aussprechen, als ein Zeichen der Achtung. Seien Sie also überzeugt, daß keine Ausschweifung mich überrascht; bei meiner Geschmacksrichtung, meinen Launen kann ich mich höchstens über die Minderwertigkeit der Triebe anderer beklagen. Ich bitte Sie, mir eine Rolle anzuweisen, ich werde jeder genügen, gleichzeitig ob Opfer oder Henkersknecht.« – »Opfer? Nein,« sagte Gernande, »ich will dieses Mädchen hier recht oft mißhandeln. Ich lasse zur Ader,« fuhr er fort, seinen im Verhältnisse zu seiner mächtigen Gestalt erstaunlich kleinen Pents reibend, »ja, ich lasse zur Ader, das ist mein Gelüste, und zwar nur dann, wenn der Gegenstand, dessen ich mich bediene, gesättigt ist. Aus diesem Vorbehalt ergibt sich notwendigerweise eine dauernde Störung im Organismus, der ich ebenso wie dem fließenden Blute meine Erektion verdanke.« – »Er ist köstlich,« sagte Bressac, sich seinem Onkel nähernd und dessen Glied reibend, »er hat wundervolle Lüste.« Gernande ließ die Hose des Marquis herunter, rieb ihn mit der einen Hand und tätschelte ihm die Hinterbacken mit der anderen. »Was Sie betrifft, teurer Vetter,« wandte er sich an d'Esterval, »so werde ich nicht müde, Ihr schönes Glied zu betasten; nicht wahr, Sie werden meine Frau bearbeiten, mein Freund?« – »Gewiß,« entgegnete d'Esterval, »ich werde ihr alles tun, was Sie wünschen.« – »Selbst Böses?« – »Oh, die entsetzlichsten Greuel!« – Währenddessen entkleiden sich die beiden Frauen auf Gernandes Befehl. – »Sapperlot, verstecken Sie die Scham, meine Damen,« sagt er zu Dorothéa und Justine, da er sie bereit sieht, ihre Altäre darzubieten, die ihm so wenig des Kultes würdig schienen, »verhüllen Sie das, ich beschwöre Sie, sonst machen Sie mich für sechs Wochen impotent.« – Bressac knüpft dreieckige Taschentücher an ihr Kreuz fest, worauf die beiden Frauen vorwärts schreiten. Nachdem Gernande einen Augenblick die Hintern geküßt, getätschelt und geprackt hatte, ergreift er einen Arm Justinens und betrachtet ihn; dann betrachte er den anderen ebenso und fragt, wie oft sie zur Ader gelassen worden sei. »Zweimal,« antwortet Justine. Während dieses Gespräches kniet Dorothéa zwischen den Schenkeln des Wüstlings und leckt sein Glied; Bressac und d'Esterval unterhalten sich in einer anderen Ecke des Gemaches auf mannigfache Weise mit den beiden Lustknaben, von denen früher die Rede gewesen. Gernande setzte seine Betrachtungen fort, legte seine Finger auf Justinens Adern, wie man es zu tun pflegt, um sie vor dem Aderlaß zur stärkeren Füllung zu bringen, und als er sie strotzen sah, legte er seinen Mund an und leckte. »Vorwärts, Hure,« sagte er barsch zu unserer unglücklichen Justine, »bereite dich vor, ich will dein Blut fließen lassen.« – »Aber, mein Herr ...« –

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Veröffentlicht / Quelle: 
Marquis de Sade: Die Geschichte der Justine. 1906
Prosa in Kategorie: 
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