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die Unglücklichen vergeblich bemühen, nicht zu fallen. Jeder hat wenigstens drei Subjekte bei sich, mit denen er sich inzwischen ergötzt. Eine Viertelstunde halten es die Unglücklichen trotz ihrer Schwangerschaft aus. Endlich beginnt die sechsunddreißigjährige, die im dritten Monat schwanger war, zu wanken; sie reißt ihre Gefährtin mit sich fort; beide stürzen laut schreiend in die[149] Dornen. Wie die Wütenden stürzen sich die Elenden auf sie, reiben sie mit den Dornen, sodomieren sie, vögeln sie, als plötzlich unter heftigen Wehen das dreißigjährige Weib niederkommt. Jede Hilfe ist ihr versagt, und sie gebiert sterbend ein totes Kind. Alle Mönchen entladen, Samenströme fließen, Gottellästerungen tönen zur Decke und Stille tritt ein. Die Todten werden fortgetragen, die Opfer gehen ins Serail und der Abt, der allein mit Justine und einem fünfundzwanzigjährigen Mädchen namens Omphale geblieben, sagt zu unserer Heldin: »Mein Kind, du verdankst mir das Leben, du warst verloren ohne mich; folge diesem Mädchen, sie wird dich in deine Pflichten einweihen, und nur die vollste Unterwerfung und Folgsamkeit wird mich das, was ich für dich getan, nicht bereuen lassen. Zeig mir deinen Arsch ... Er hat dich gerettet, denn ich verehre ihn.« – »O, mein Vater, seid noch großmütiger, gebet mir die Freiheit wieder, die Ihr mir geraubt, und ich werde Euch bis an den Rest meiner Tage segnen.« – »Was habe ich von deinen Segnungen,« antwortete der Mönch, »dein Körper ist es, der mir Vergnügen schafft.« Und Severino, bedient von Omphale, führt während dieser Reden sein Glied in das Arschloch Justinens ein. Nach einigen Gängen zieht er sich zurück. »Ich würde sie schon heute Nacht mit mir nehmen, wenn nicht eine männliche Jungfernschaft mich erwarten würde. Deshalb verschiebe ich es auf einen der nächsten Tage. Ziehet Euch zurück!« Der Abt entfernte sich und unsere zwei Dulderinnen gingen in das Serail, dessen eherne Pforten sich sofort hinter ihnen schlossen. Justine war zu müde und zu traurig und dachte nur an Ruhe, und auch ihre Erzieherin, ganz erschöpft, hatte dagegen nichts einzuwenden. Am nächsten Morgen, befand sich Justine beim Erwachen in ihrer Zelle. Die größte Ruhe herrschte überall, der Saal in der Mitte der Zellen war von einem sehr hohen Fenster beleuchtet, das dreifach vergittert war. Die Zellen waren nicht verschlossen und die Mädchen konnten ungehindert in den Saal gehen und sich gegenseitig besuchen. Der Name eines jeden Mädchens stand über der Tür. Sie suchte Omphale auf und warf sich weinend dem Mädchen, dessen zartes und mildes Gesicht ihr eine verständnisvolle Leidensgefährtin verriet, in die Arme. »O, teure Freundin,« sagte sie und setzte sich aufs Bett zu ihr, »ich kann mich noch von den Greueltaten, die ich erduldet und mitangesehen, nicht erholen. Wenn ich jemals an die Freude der Wollust dachte, bildete ich mir ein, sie sei so rein wie der Gott, der sie geschaffen. Ich glaubte, sie bestehe aus Liebe und Zartgefühl und bestehe nicht darin, wie wilde Tiere seine Mitmenschen zu martern. Großer Gott, es scheint, als ob jede Tugendregung für mich nur Unglück mit sich bringt. Ich wollte zum Himmel flehen, als ich in dieses Kloster kam, und was ist mein Los? Unverständliche Versehung, sprich deutlicher zu mir, damit ich nicht an dir zweifle.« – Omphale versucht, die Arme zu trösten: »O, Justine,« sagt sie voll Liebe, »genau so wie du habe auch ich geweint, doch die[150] Gewohnheit hat meine Tränen gestillt, auch du mußt dich daran gewöhnen. Der Anfang freilich ist schrecklich, denn nicht nur der Zwang, alle Lüste dieser Wüstlinge zu erdulden, ist unsere tägliche Marter, sondern auch der Verlust unserer Freiheit, die Grausamkeit, mit der man uns behandelt, und der Tod, der uns vor Augen schwebt.« – – Jeder Unglückliche tröstet sich, wenn er Gefährten hat. So beruhigte sich auch Justine und bat ihre Genossin, sie mit allem Schrecklichen, was ihr bevorstand, vertraut zu machen.
»Vor allem,« sagte Omphale, »muß ich dich Viktorine vorstellen; sie ist die Direktorin dieses Serails und hat die größte Gewalt über uns. Sie wird schon ungehalten darüber sein, daß du sie nicht früher besucht hast. Ordne deine Kleidung ein wenig und komme mich dann abholen.« – Justine, erschrocken über diese neue Pflicht, folgt, und nach einigen Kleinigkeiten kommt sie zurück, ihre Freundin abholen. – Es ist an der Zeit, dem Leser ein Bild von Viktorine zu entwerfen. Sie war ein großes, mageres Mädchen, mit schwarzen Augen und schwarzen Haaren, einer römischen Nase, von grausamen und hartem Aussehen, sehr sinnlich, grausam, verdorben und gottlos, stolz auf ihren Platz, den sie mit ebensoviel Eifer als Despotismus ausfüllte. Sie besaß alle Laster und Ausschweifungen, sowohl geschlechtliche, wie auch Trunksucht, Verleumdung, Falschheit, kurz die größte Verworfenheit, so daß dieses Weib ein Ungeheuer war, von dem man nur Scheußliches erwarten konnte. Seit achtzehn Jahren lebte diese Megäre freiwillig im Kloster, sie war die Einzige, die frei aus und eingehen konnte. Da sie aber in ganz Frankreich von den Gerichten verfolgt wurde, bediente sie sich nur selten diesen Erlaubnis. Um ihrer eigenen Sicherheit willen dachte sie nicht daran, diesen Ort zu verlassen, wo sie ruhig allen ihren Lastern fröhnen konnte. Ihre Wohnung, bestehend aus Speisezimmer, Schlafzimmer und zwei kleinen Zimmerchen, lag in der Mitte zwischen Knaben- und Mädchenserail, so daß sie sie leicht beaufsichtigen konnte. Viktorine war beim Frühstück, als ihr Omphale Justine vorstellte; ihre Tafel war reich besetzt und von sechs Flaschen Champagner gekrönt. »Tritt näher,« sagte sie zu Justine, »schau, das ist ja ein reizendes Mädchen! Diese schönen Augen ... der süße Mund! Küsse mich, mein Herz, Noch einmal. Und etwas mehr Zunge, wenn ich bitten darf. Stecke sie mir so weit hinein als ich es tue.« Justine folgte. Wie sollte sie auch der widerstehen, von der ihr Leben abhing. Der andauerndste und schamloseste Kuß folgte. »Omphale,« sagte die Direktorin, »das Mädchen gefällt mir, ich werde mich mit ihr geilen; heute kann ich nicht, denn ich habe wie eine Hure gevögelt. Reihe sie unter die Vestalinnen ein, unterrichte sie und bring mir sie heute abends. Wenn sie zum Souper nicht zugezogen wird, werde ich mit ihr schlafen, wenn ja, so morgen. Uebrigens entblöße sie, damit ich sehe, wie sie