Justine oder vom Missgeschick der Tugend - Page 86

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Anschuldigung erzittern werde, der sich im Recht fühlte und daher keine Beweise mithatte, wechselte die Gesichtsfarbe. Der Richter kam: »Mein Herr,« sagte ich, »dieser Spitzbube ist, wie ich, Kaufmann in Bordeaux und schuldet mir hunderttausend Francs. Als ich sie von ihm verlangte, da ich sie für eine Reise brauchte, verweigerte er sie mir, darauf hab ich ihn vor Gericht belangt und er wurde bankerott erklärt. Ich sammelte hierauf mein anderes Vermögen und fuhr weg. Kaum bin ich aus der Stadt als er aussprengte, daß ein Teil meines Geldes ihm gehöre, daß ich es ihm gestohlen hätte und dadurch Schuld an seinem Ruin sei. Deshalb hat er mich auch hieher verfolgt, aber beim Teufel, eher bekommt er mein Leben wie mein Geld.« ........ »Was haben Sie darauf zu antworten,« fragte der Richter Isaak ...... »Ich antworte darauf,« sagte der Jude ganz verwirrt, »daß wir es mit dem größten Spitzbuben Europas zu tun haben, aber ich habe gefehlt, ich bin fort, ohne Beweise mitzunehmen. Aber das macht nichts, der Halunke entkommt mir nicht, ich werde ihn bis in die Hölle verfolgen. Auf Wiedersehen!« ..... »Nicht so rasch du Hurensohn,« sagte ich und packte Isaak beim Kragen, »zuerst gib mir mein Geld oder wenigstens alles was du bei dir hast.« ........ »Das ist richtig,« sagte der weise Salomon, »der Herr sagt, daß Sie ihm hunderttausend Francs schuldig sind, darum bezahlen sie.« ........ »Unverschämter Verleumder, kann man noch weiter in seiner Frechheit gehen?« »Kleiner Moses-Enkel, ich bin weniger unverschämt wie du, ich verlange nur was mir gehört und nicht, wie du, worauf du kein Recht hast.« Isaak wurde verurteilt, man leerte ihm die Taschen. Ich erhielt fünfzigtausend Francs Baargeld und für den Rest meiner Forderung Wechsel auf Berlin. Ich bezahlte reichlich den Wirt, den Richter, ließ dann anspannen und so fuhren Josefine und ich von der Herberge fort, in welcher wir nicht gehofft hatten ein so gutes Geschäft zu machen. »Ich wette,« sagte Josefine, »daß ich von diesem Gelde nicht einen Pfennig zu sehen bekomme. Obwohl du es durch meinen Arsch verdient hast.« ..... »Hab ich dir nicht immer gesagt, daß man nur mit dem Arsch Geld verdient? Hätte ich deine Scheide gevögelt, so[194] wäre ich sicher nicht auf den guten Gedanken gekommen.«.. »Also wie viel bekomme ich?« ..... »Zehntausend Francs.« ..... »Eine schöne Summe!« »Du hast ja auch keine Ausgaben, außer ein paar Fetzen, währenddem ich Aersche, Schwänze und sonstiges bezahlen muß. Welcher Unterschied.« So kamen wir nach Paderborn ohne uns irgendwo aufzuhalten. Die Hamburger Messe zog so viele Reisende auf diese Straßen, daß alle Gasthäuser voll waren und wir unser Zimmer in Paderborn mit einem reichen Hamburger Kaufmann, der mit seiner Frau zur Messe reisen wollte, teilen mußten. Kolmark, so hieß dieser Mann, hatte eine reizende zwanzigjährige Fran, die mir ebenso das Blut zu Kopf steigen ließ wie eine schwere Kassette, die er sorgfältig in einem Kasten einschloß. Aus Begierde nach diesen beiden Objekten konnte ich in der Nacht kein Auge schliessen. Eine Reparatur am Wagen hielt sie zwei Tage im Ort zurück und ich schützte, um bei ihnen zu bleiben, Geschäfte in Paderborn vor. Infolgedessen machten wir Bekanntschaft, Josefine von mir verständigt, befreundete sich rasch mit der Frau; wir frühstückten, dinierten zusammen und gingen zusammen ins Theater. Während des Soupers bereitete ich den Schlag vor. Nachdem Kolmark das Mittagessen bezahlt hatte, nahm ich das Souper auf mich und unter dem Vorwand die nötigen Anordnungen zu treffen, verließ ich früher das Theater. In der Herberge sagte ich, daß ich noch in der Nacht nach Berlin fahren wolle; nachdem ich aber am Ende der Stadt noch einen Freund abholen wolle, würde ich meinen Wagen mit allen Effekten gleich jetzt dorthin schicken. Unsere Effekten werden aufgeladen und unter ihnen auch die Kassette, die ich mittels eines Dietriches aus dem Kasten genommen. Ich befahl dem Postillon beim Berliner Tor auf uns zu warten. Er solle in dem Gasthause dort mittlerweile ein Glas Bier trinken.

Kaum ist mein Wagen fort, so kommt Josephine mit den beiden Opfern. Ein herrliches Supee wird serviert, doch hatte ich vorsorglich unter das Kompott ein Gift gemengt, genügend um jeden der davon kostete, in tiefen Schlaf zu versenken. Und wirklich, kaum hatten Kolmark und seine Frau es auch nur berührt, als sie in einen Starrkrampf verfallen, und man mit ihnen alles was man will, machen kann. »Halte dich bereit,« sagte ich zu Josefine, »unser Wagen ist mit der Kassette fort, hilf mir noch, die Frau vögeln, die mir den Kopf verdreht, dann wollen wir ihnen die Schmucksachen und alles was sie noch bei sich tragen, abnehmen, und uns schleunigst aus dem Staub machen.« Ich nähere mich der Frau, ich entblößte sie, zwicke sie in die Brust, sie regt sich nicht. Sicher gemacht, werde ich unternehmender und Josefine und ich entkleiden sie. »Himmel, welch ein Körper,« sagte ich zu Josefine, »die reine Venus, aber ich will mein Verbrechen vollenden, ich bin meiner Sache nicht sicher und darum werde ich sie während des Vögelns tödten.« Ich beginne mit der Frau, ich vögle sie von vorn und rückwärts ... nicht das leiseste Lebenszeichen. Ich entlade in ihren Arsch und mache mich an dem Mann, nachdem ich ihn eine Weile puseriert, gehe ich[195] wieder zur Frau über und währenddem erstickt Josefine, auf mein Geheiß, sie beide mit den Matratzen; dadurch genieße ich die entzückende Wollust, ein Wesen, während man es vögelt, jählings zu ermorden. Welchen Genuß erzeugt die Kontraktion aller Nerven, die der Tod hervorruft. Es ist besser darüber zu schweigen, sonst würden alle Wüstlinge zu Mördern werden. Endlich legen wir die beiden Leichen in ihre Betten und verlassen das Gasthaus. »Lassen sie Herr und Frau Kolmark schlafen,« sagte ich zum Wirt, »euer ausgezeichnetes Souper und euer Wein ist ihnen so zu Kopf gestiegen, daß sie bis Mittag sich ausruhen mögen.« Wir belohnen reichlich die Dienerschaft und eilen zu dem Wagen, in unseren Taschen alle Schmucksachen und alles Geld, das die Todten bei sich gehabt. Wir reisten in einer Tour bis nach Berlin; dort erst öffneten wir die Kasette und fanden darin Werte von zwei Millionen.

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Veröffentlicht / Quelle: 
Marquis de Sade: Die Geschichte der Justine. 1906
Prosa in Kategorie: 
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