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mußten sich daher auch mehr zu Qualen eignen. Auf Grund dieser Erwägungen, die durch die Tatsachen sich bestätigten, verging keine Woche, wo ich nicht ihrer drei oder vier, und zwar stets durch neue Martern, umbrachte. Manchmal hetzte ich ein paar von ihnen in einen großen Park, der von hohen Mauern umringt war und aus dem man unmöglich entweichen konnte. Daselbst stellte ich auf sie Treibjagden wie auf Hasen an; ich suchte sie, indem ich meinen Park durchritt; wenn ich sie gefangen hatte, hing ich sie vermittelst Halseisen an Bäumen auf; unter ihnen ließ ich ein großes Feuer anzünden, das sie langsam verzehrte. Anderemale trieb ich sie zu Pferde vor mir her und traf ihren Leib mit gewaltigen Peitschenhieben; wenn sie umfielen, ließ ich meinen Renner auf ihren Bauch treten oder schoß Kugeln in ihren Kopf. Oft führte ich noch raffiniertere Martern aus, für deren Anwendung sich nur das Dunkel und die Stille des Gemaches eignete; während solcher Handlungen reizte mich stets die treue Clementia an, oder sie inszenierte wollüstige Akte, in denen ihre hübscheren Mädchen die wichtigste Rolle spielten. Zu meinem Glück hatte ich in dieser Clementia alle Eigenschaften gefunden, die zu der von mir angenommenen grausamen und wüsten Lebensweise nötig waren. Die Schelmin war boshaft, wollüstig, unmäßig und atheistisch; kurz, sie besaß alle meine Laster, und keine andere Tugend, als ihre unglaublich große Anhänglichkeit an mich und ihre wundervolle Diensteifrigkeit. Ich führte also infolge des Eifers dieses prächtigen Weibes in diesem Schlosse das köstlichste und meinem Geschmack entsprechendste Leben, als der Unbestand, zugleich die Geißel und die Seele aller Genüsse, mich dieser friedlichen Idylle entriß, um mich wieder auf das große Abenteuertheater dieser Welt zu stellen.
Man wird blasiert, wenn nicht Hindernisse die Genüsse würzen; man möchte sie durch Mühseligkeiten steigern; nur durch solche kann man sich große Freuden verschaffen. Ich beließ Clementia in meinem Schlosse und schlug abermals[213] in Messina meinen Wohnsitz auf. Rasch verbreitete sich die Nachricht, daß ein reicher Junggeselle sich in der Stadt niedergelassen hatte und öffnete mir die Pforten aller Paläste, in denen es heiratsfähige Mädchen gab; ich durchschaute gleich die Absicht und beschloß, mich daran zu belustigen.
Von allen diesen Häusern, in denen man mich wohlwollend aufnahm, fesselte mich das des Chevalier Rocupero ganz besonders. Dieser alte Adelige und seine Gattin mochten zusammen ein Jahrhundert zählen. Bei ihrem geringen Vermögen mußten sie ihre drei wunderschönen Töchter mit allzu großer Sparsamkeit aufziehen. Die erste hieß Camilla; sie zählte zwanzig Jahre, hatte braune Haare, eine blendend weiße Haut, recht ausdrucksvolle Augen, einen sehr angenehmen Mund und die Gestalt einer Hebe. Die zweite, interessanter, aber weniger schön, zählte achtzehn Jahre und hatte kastanienbraune Haare; ihre großen blauen, sehnsuchtsvollen Augen strahlten Liebe und Wolllust aus; ihre Gestalt, wie die schöne Rundung zeigte, verhieß herrliche Genüsse; sie hieß Veronika; und sicherlich hätte ich sie nicht nur Camillen, sondern der ganzen Welt vorgezogen, wenn nicht die göttlichen Reize der kaum fünfzehnjährigen Laurentia nicht nur die ihrer Schwester, sondern die der Schönen ganz Siziliens überstrahlt hätten.
Kaum war ich bei dem wackeren Edelmann eingeführt, als ich beschloß, den Kummer, die Verzweiflung, die Schamlosigkeit und die Schande, kurz alle Geißeln des Verbrechens und der Verzweiflung in sein Haus zu tragen. Die Redlichkeit war bei ihm zuhause; auch Schönheit und Tugend schienen hier ihren Sitz aufgeschlagen zu haben; brauchte es mehr, um in mir den heißen Wunsch zu erregen, jenes durch alle erdenklichen Mißetaten zu besudeln? Ich zeigte mich gleich sehr freigiebig; doch nahm man meine Geschenke nur ungern entgegen; aber die Aussichten auf eine Ehe, auf die mein Verhalten zu schließen erlaubte, machten eine Ablehnung unmöglich. Man bat mich, meine Pläne auseinanderzusetzen. »Wie kann ich unter diesen drei Grazien die Entscheidung treffen?« erwiderte ich. »Geben Sie mir doch Zeit, Ihre reizenden Töchter besser kennen zu lernen, dann werde ich Ihnen sagen können, welche die Ausrewählte meines Herzens ist.« Als ich so weit war, kann man sich leicht vorstellen, daß ich den Aufschub dazu benutzte, um alle drei zu betrügen. Da ich ihnen aber vollständiges Stillschweigen ans Herz gelegt hatte, machte keine die andere zu ihrer Vertrauten, so daß keine wußte, wie weit ich mit der anderen war. Nunmehr ging ich folgendermaßen vor.
Die erste, die ich verführte, war Camilla; da ich sie[214] unter Ehevorspiegelungen betrog, hatte ich sie nach Verlauf eines Monates dort, wo ich sie wollte. Wie schön war sie! welche Freuden kostete ich durch ihren Genuß! Kaum hatte ich sie nach allen Regeln bearbeitet, machte ich mich an Veronika heran; und als ich Camillens Eifersucht erweckte, wußte ich sie gegen ihre Schwester derart in Harnisch zu bringen, daß sie den Entschluß faßte, diese zu erdolchen.
Das heiße Temperament der Sizilianerinnen scheut vor nichts zurück; sie kennen nur zwei Leidenschaften, die Rache und die Liebe. Als ich die Gewißheit von Camillens verbrecherischen Plänen zu haben glaubte, benachrichtigte ich Veronika davon; es gelang mir, ihr darüber Klarheit zu verschaffen, so daß ihr nicht einmal der tröstende Gedanke des Zweifels übrig blieb. Das schöne Mädchen, voll Verzweiflung, aber eher furchtsam als unternehmend, fleht mich an, sie zu entführen, wenn ich sie liebe, um sie der zügellosen Rachsucht einer zu allem fähigen Schwester zu entziehen. – »Mein Engel,« antwortete ich, »wäre es nicht besser, das Uebel bei der Wurzel zu fassen, seine Urheber zu erkennen und uns ohneweiters zu rächen?« – »Es ist ja nur die heiße Liebe, die Camilla für dich hegt, schuld daran,« erwiderte Veronika, »sie bemerkt, wie du mich ihr vorziehst, darum hat es das teuflische Geschöpf auf mein Leben abgesehen!« – »Ich sehe in der Sache nicht ganz so wie Sie,« entgegnete ich. »Zweifeln Sie nicht, meine Teure, daß Ihre Eltern Camillen vor Ihnen bevorzugen. Ich weiß nicht, ob dieses Mädchen mich liebt; sicherlich habe ich ihr nie irgendwelche Hoffnungen gemacht. Doch haben sich Ihre Eltern mir gegenüber offen ausgesprochen; zweifellos ist Camilla der einzige Gegenstand ihrer Liebe; würde ich ihnen meine Liebe zu Ihnen vorbringen, sie würden mich sicherlich zurückweisen. Sie schlagen mir vor, zu fliehen; dieses Mittel wäre gefährlich; wir würden uns Ihren Eltern gegenüber ins Unrecht setzen; kaum würden sie oder