Mein bester Freund der Engel - Page 8

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von Anita Zöhrer

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ja jetzt schon, dies überhaupt versucht zu haben, und auch wenn ich nach wie vor um ihr Wohlergehen fürchte, so ist es bei ihr dennoch kein bisschen anders als bei Matthew und Vince, bin ich froh, dass sie bei mir ist und das auch noch rund um die Uhr. Mit der Erlaubnis ihrer Eltern versteht sich, übernachtet sie sogar bei mir, um unverzüglich für mich da sein zu können, wenn irgendetwas ist, und bekam heute für ihren beherzten Einsatz auch schon Lob von unserem Doktor, der gestern keine Zeit gehabt hatte, um mir einen Besuch abzustatten, und es daher heute nachgeholt hatte. Ich mag unseren Doktor, habe an seiner Arbeit absolut nichts zu bemängeln, konnte es dieses Mal aber kaum mehr erwarteten, bis er endlich wieder fort war. Erst untersuchte er mich, was ich bereits mehr als lästig empfand, und dann unterhielt er sich auch noch in normaler Lautstärke mit Cassandra im Nebenzimmer, was mich fürchterlich nervte. Bevor er sich dann endlich wieder auf den Weg machte, verabschiedete er sich noch von mir und wünschte mir gute Besserung und dabei spielte ich zum allerersten Mal in meinem noch relativ kurzen Dasein mit dem Gedanken, wie es wohl wäre, wenn ich nie wieder gesund werden, für immer krank bleiben würde. Dass dies egoistisch von mir ist, ist mir klar, und es tut mir auch Leid, naja, tut es nicht, zumindest nicht für mich, aber für Cassandra, Vince, Matthew und alle anderen im Himmel, die mich lieb haben und die ich lieb habe. Ich will ihnen mit meinen Überlegungen wirklich nicht weh tun, aber ich könnte mich an diese Situation gewöhnen, könnte mich daran gewöhnen, Matthew und Vince ständig bei zu haben, mit ihnen so sehr verbunden zu sein. Ab und zu, aber das ging dann wirklich zu weit, immerhin ist mein Leben ein Geschenk Gottes und besonders nun, wo ein paar meiner Bilder in einem Museum hängen und ich noch dazu zwei neue Kameraden habe, welche überdies auch noch Engel sind, will ich Gott gegenüber keinesfalls undankbar sein, doch ab und zu fragte ich mich dann doch, ob es nicht für alle das Beste wäre, wenn Gott mich in nächster Zeit zu sich holen, mich somit sterben lassen würde. Nie wieder müsste ich mich, nie wieder müssten sich andere davor ängstigen, dass ihnen wegen mir etwas Schreckliches wiederfährt, nie wieder würde es wegen mir einen viel zu verfrühten Tod geben, denn ich hoffe sehr, dass das im Himmel endlich ein Ende hat, Gott mich dort endlich von dieser Bürde befreit und somit niemand mehr wegen mir zu Schaden kommt. Noch dazu ist es dort oben bestimmt sehr schön, schön nicht bloß deswegen, weil es eben der Himmel ist, sondern auch, weil ich dort bei meinen Eltern, meinen beiden neuen Freunden sein könnte.

7. Dezember 1810
Ich fühl mich noch erschöpft und schwach, doch das Fieber ist wieder gesunken, fast schon wieder weg und ich , hab auch wieder etwas mehr Appetit, wobei mir das Schlucken noch Halsschmerzen bereitet, ich darum auch nur dann esse und trinke, wenn es wirklich notwendig wird, und obwohl ich nicht recht weiß, ob ich darüber glücklich sein soll oder nicht, ich doch so gerne krank bin, so streng ich mich Vince und Matthew zuliebe trotzdem an, es zu sein. Tag für Tag und Nacht für Nacht war stets zumindest einer von den Zweien an meiner Seite gewesen und sie sind es nach wie vor, haben mit mir gekuschelt, mich in die großartigsten Träume entführt, waren total lieb zu mir gewesen und sind es klarerweise auch jetzt noch, und darum kann und will ich sie nicht mit meinem Verlangen quälen, dass ich wieder schlimmer erkranke. Weil es mir heute wirklich schon sehr viel besser geht, ich tatsächlich nicht mehr auf Cassandras Hilfe angewiesen bin, sogar schon wieder etwas Energie zum Malen habe, schickte ich Cassandra am Vormittag wieder nach Hause, konnte sie dazu bewegen, mich mit meinen Engeln alleine zu lassen, indem ich mich selbstständig anzog und mir auch mein Frühstück selbst Frühstück zubereitete. Zwar war Cassandra trotz allem skeptisch, misstraute mir, was meine Gesundheit anbelangte, wollte sich darum weiter um mich kümmern, solange für mich da sein, bis ich vollständig genesen bin, woran sicherlich auch Vaters Tod verantwortlich war, das Mitleid, das sie deshalb für mich empfand, doch ich gab nicht nach, versicherte ihr, dass sie ruhigen Gewissens gehen konnte, ich auch den Unfall meines Vaters bereits besser verarbeitet habe, was auch nicht gelogen war und ist, ich daher auch keine seelische Unterstützung mehr benötige, und blieb trotz ihrer Einwände hartnäckig, ließ nicht locker, bis sie sich schließlich geschlagen gab, und mich verließ. Nachdem Cassandra dann endlich fort war, kochte ich mir einen Kaffee und malte an einem meiner unvollendeten Gemälde weiter, malte, bis ich nicht mehr konnte, was heute relativ schnell der Fall war, und legte mich in mein Bett, wollte mich ausrasten und schlummerte dabei ein. Eine Weile später wurde ich dann wieder munter und als ich das wurde, allmählich wieder zu mir kam, trug ich plötzlich eine Kette mit einem Kreuz aus Holz als Anhänger um meinen Hals. Träumte ich etwa? Schlief ich noch und war wieder in der Welt von Matthew und Vince? Oder war gar schon wieder jemand bei mir eingebrochen und wollte mich überraschen, sich mit mir vielleicht sogar einen dummen Scherz erlauben und mich erschrecken? Ich wunderte mich, woher die Kette stammte, rätselte, wer sie mir wohl umgebunden hatte, als ich auf einmal die Antwort darauf erhielt. Es war Matthew gewesen! Es war wirklich Matthew gewesen, der mir die Kette geschenkt hatte, und so unfassbar es auch ist, er selbst sagte es mir, offenbarte mir außerdem, dass dies wahrhaftig kein Traum, sondern die Realität, die Realität der Menschen war. Ich konnte ihn hören, konnte seine Stimme tatsächlich nur zu deutlich hören und kann es auch nun noch, kann dies dank meiner neuen Halskette. Ich kann meine Begeisterung darüber, dass ich Matthew von jetzt an nicht nur spüren, nicht nur mehr in meinen Träumen ein normales Gespräch mit ihm

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