Justine oder vom Missgeschick der Tugend - Page 107

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ich für Sie alles tue; dafür verdiene ich ihren Hintern.«- »Meinen Hintern?«- »Sie werden solange nicht in Euphemiens Besitz gelangen, als Sie mir meine Bitte nicht erfüllt haben.« – »Aber, Jérome, Sie wissen ja, wie sehr ich solchen Frevel verabscheue.« – »Imbert, hier ist Ihre Geliebte; Sie vernehmen Ihre Stimme (ich veranlaßte ihn, auf ein Gespräch zu lauschen, das ich absichtlich zwischen Helene und Euphemie herbeigeführt hatte), wenn Sie sich nicht von hinten bearbeiten lassen, werden Sie sie nie besitzen.« – »Nun gut, befriedigen Sie Ihre Gelüste, Sie böser Mensch; aber Euphemie soll davon nichts erfahren ... sie würde mich verabscheuen ...« – »Niemals!« – Mein wütendes Glied drang nach diesen Worten in den prächtigsten Hintern, den ich seit langer Zeit bearbeitet hatte. Ich reibe mein Glied, nachdem ich eingedrungen war, und entleere meinen Samen, doch ohne meine heftige Erregung zu beschwichtigen. Meine entartete Seele bedarf neuer Ruchlosigkeiten. »Einen Augenblick Geduld!« sagte ich dem Jüngling, indem ich mein Glied aus seinem Hintern zog. Ich sperre ihn in mein Zimmer und eile in das, in dem sich Euphemie befindet. »Halte mir dieses Mädchen,« sage ich zu Helene, »ich muß sie bearbeiten.« Sie schreit; aber barbarische Vorkehrungen ersticken ihre Rufe; ich stecke in der prächtigen jungfräulichen Scheide der Geliebten, noch bebend vor Vergnügen über den genußvollen Hintern ihres Liebhabers. »Bringen Sie mir den Jüngling, den ich im nächsten Zimmer eingesperrt habe,« sage ich zu Helene, »lassen Sie sich von einem meiner Leute helfen; besonders dann halten Sie ihn fest, wenn er eintritt.« Imbert erscheint. Wenn sein Erstaunen unbeschreiblich ist, so ist es das Vergnügen, das ich bei seinem Eintritt empfinde, noch unvergleichlich mehr. »Ruchloser!« schreit Imbert, indem er sich auf mich stürzen will, »du höllisches Ungeheuer!« Aber er wird festgehalten. »Mein Freund,« erwiderte ich dem Jüngling, ohne über seine Drohungen zu erschrecken, »du siehst diesen Dolch; ich durchbohre damit sofort den Gegenstand deiner Wünsche, wenn du nicht, während ich sie bearbeite, deinen Hintern von mir küßen läßt.« Imbert[248] zittert; seine Freundin, die nicht sprechen kann, ermutigt ihn mit dem Finger; er gehorcht. Nunmehr gehe ich von der Scheide zum Hintern über und berausche mich an dem göttlichen Vergnügen, die Hinterbacken des Liebhabers zu küßen, während ich seine Geliebte sodomisiere. Aber der unglückliche Imbert, den Helene während der Ausbrüche meines Entzückens festhält, weiß nicht, wie weit ich die Ruchlosigkeit im wundervollen Augenblicke des Ergusses getrieben habe ... in diesem schrecklichen Momente, da der skrupellose Wüstling die schauerlichsten Genüsse ersinnt. Ich lasse ihn herabsteigen und zeige ihm seine blutüberströmte Geliebte, der ich mit sechzehn Dolchstichen tückisch das Herz und die Brüste durchbohrt hatte. Er fällt in Ohnmacht; Helene erweckt ihn wieder zum Bewußtsein, das er aber nur dazu wieder erlangt, um Euphemie sterben zu sehen, worauf er mich mit Schmähungen überhäuft. »Junger Tor!« sagte ich ihm, in meinem Frevel köstlich schwelgend, »betrachte deine Vollmachten, die du mir erteilt hast ... Wenn du ein Wort sprichst, stürze ich dich ins Verderben; selbst diesen Mord wird man für dein Werk halten. Helene und ich werden deine Untaten bezeugen und du stirbst auf dem Schaffot. Ich bin noch in Erektion; laß mich deinen Hintern sehen. Ich habe einstens eine Geliebte auf dem Leichnam ihres Liebhabers bearbeitet; ich will heute das Umgekehrte tun, um entscheiden zu können, welche dieser beiden Handlungen ein größeres Vergnügen verschafft.« Noch nie hatte die Welt solch wüstes Treiben gesehen. Helene ließ mich ihren hübschen Hintern küßen; indeß bearbeitete mich der Diener, der ihr geholfen hatte, von hinten; ich selbst bearbeitete Eupheminens Leichnam und ließ ihren Liebhaber desgleichen tun. Von den Ruchlosigkeiten übersättigt, ließ ich einen Polizeibeamten herbeirufen. Helene und ich sagen gegen Imbert aus; die Vollmachten beweisen gegen ihn. Ich füge hinzu, daß er wider unseren Willen seine Geliebte in dieses Haus gebracht habe, daß ihn seine Eifersucht so weit getrieben habe. Imbert ist solch furchtbarer Verbrechen überführt, daß er trotz seines jugendlichen Alters exekutiert wird. Und ich lebe! ich, Urheber und Werkzeug aller dieser Untaten, ich lebe in Ruhe! Der Himmel hat mir noch andere vorbehalten; und ich ließ nicht viel Zeit unbenützt verstreichen. Helene war nicht zuverlässig, sie plauderte. Ich befolgte den Grundsatz des Macchiavells: »Entweder hat man nie Komplizen, oder man muß sie, nachdem man sich ihrer bedient hat, töten.« Im selben Monat auf dem gleichen Landgut, im selben Zimmer wurde Helene zu der furchtbarsten Todesqual verurteilt, die ich je ein Opfer hatte erdulden lassen. Von dort kehrte ich[249] ruhig nach Marseille zurück und segnete das Schicksal für den Erfolg, den es stets meinen Untaten sicherte.

Ich verbrachte noch einige Jahre in dieser Stadt, ohne daß sich etwas zugetragen hätte, was Euch interessieren könnte: »viele Ausschweifungen, Spitzbübereien, kleine geheime Morde, aber nichts Ungewöhnliches. Damals hörte ich reden von Eurer berühmten Abtei Sainte-Marie-des-Bois. Mein Wunsch, mit Euch in Verbindung zu treten, erweckte in mir das Verlangen, abermals das priesterliche Kleid anzulegen. Ich vernahm, dies sei möglich, wenn man der päpstlichen Kanzlei zu Rom einige Gaben entrichte. Ich eilte in diese Zentrale des christlichen Aberglaubens; ich beichtete dem heiligen Vater und bat um die Wiederaufnahme in den geistlichen Stand; ich gab die Hälfte meines Besitzes der Kirche und erwirkte mir durch diese freigebige Schenkung die Wiedererlangung ungemeiner Rechte und die Erlaubnis, Sainte Marie bewohnen zu dürfen. So kam ich zu Euch, meine lieben Brüder! Möge mich Gott hier lange erhalten! Denn wenn das Verbrechen auch anderswo genug der Reize bietet, so hier sicherlich noch recht viel mehr, da es im Dunkeln und in der Ruhe vollbracht, ohne Furcht vor Gefahren begangen werden kann, die ihm in der Welt nur allzu oft drohen!«
XII. Kapitel.
Ende der Erlebnisse im Kloster. – Wie Justine es verläßt. – Eine Herberge, wo die Reisenden gut daran tun, sich nicht aufzuhalten.

Die Erzählung, die man soeben vernommen hatte, weit entfernt, die allgemeine Erregung zu beschwichtigen, wie Severino gehofft, elektrisierte dermaßen die Geister, daß man sogleich eine Veränderung mit den Gegenständen der Ausschweifung vorzunehmen beschloß. – »Behalten wir nur sechs Frauen,« meinte Ambroise, »und ersetzen wir die übrigen durch Knaben. Ich bin schon müde, seit vier Stunden nur weibliche Busen und Hälse

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Veröffentlicht / Quelle: 
Marquis de Sade: Die Geschichte der Justine. 1906
Prosa in Kategorie: 
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