Justine oder vom Missgeschick der Tugend - Page 57

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und wirft sich auf die Knie. Aber Severino sagt zu ihr mit Härte: »Nein, nein, das darfst du nur nackt tun, hier muß man sich ganz erniedrigen.« – »Verzeihe, lieber Vater,« und in einem Augenblick bietet Justine ihre nackte Schönheit[132] den Blicken des geilen Bockes. Kaum hat er diesen schönen Körper gesehen, als er vor Begierde wiehert; er dreht und wandet ihn nach allen Seiten, und unter dem Vorwande, das Schandmal zu sehen, beguckt der Spitzbub die entzückenden Formen und reizenden Arschbacken Justinen. »Knie nieder,« sagte er, »und bete jetzt, aber kümmere dich um gar nichts, was während deines Gebetes vorgeht Bedenke, meine Tochter, daß. wenn ich bemerke, daß dein Geist nicht ganz im Gebete versunken ist, daß er noch an andere weltliche Dinge denkt, die Strafen für diese neue Sünde noch schrecklicher sein würden.« Von diesem Moment. an folgte der Schweinkerl nur mehr seiner Leidenschaft. Der Zustand Justinens befreit ihn von jeder Vorsicht, er stellt sich mit seinem Lustknaben hinter sie, und währenddem dieser ihn geilt, läßt er seine Hände, von Zeit zu Zeit blutige Spuren seiner Fingernägel zurücklassend, über die herrlichen Hüften gleiten. Justine erduldet unbeweglich alles in der festen Ueberzeugung, es führe sie dies zum ewigen Heile; kein Seufzer, keine Bewegung. Sie war so in ihre Andacht vertieft, daß ihr Henker sie hätte zerfleischen können, ohne daß sie gewagt hätte, zu klagen. Ermutigt durch diese ruhige Haltung der Büßenden wird der Mönch unternehmender Er schlägt mit aller Gewalt auf die schönen Arschbacken dieses Engels, daß die Kirche davon erdröhnt und die Hüften des schwachen Opfers zusammenknicken. Dann tritt er vor sie hin und läßt ein den Himmel bedrohendes Werkzeug sehen, welches genügen würde, die Binde des Aberglaubens zu zerreißen. Er betastet den Busen, küßt sie, und immer mutiger werdend, wagt er es, seine Lippen auf die reinen, unbefleckten des Mädchens zu drücken. Da erst verschwand ihre Andacht, sie wollte sich ihm entziehen. »Ruhig,« sagte kalt der aufgeregte Mönch, »habe ich dir nicht gesagt, daß dein Heil von deiner Hingabe abhängt, und was Beschmutzung bei anderen Männern, bei uns nur Keuschheit und Frömmigkeit ist.« Und indem er mit einer Hand den Kopf des Opfers hält, steckt er ihr seine Zunge in den Mund, daß sie kaum fühlt, wie das Glied des Mönches ihre Scham besudelt. Aber der Italiener, fast erschreckt über die Abtrünnigkeit von seiner Lieblingspassion, stellt sich wieder nach rückwärts und drückt die heißesten Küsse auf die von seinen Mißhandlungen noch roten Arschbacken, und indem er sie auseinanderspreizt, bohrt er seine Zunge in das kleine Loch und berauscht sich an dieser Leidenschaft, immer begeilt von seinem Lustknaben, der ihn von Anbeginn an nicht verlassen, und der ihn, fast zur Entladung bringt, bis der Abt, da es ihm nicht gestattet ist, ohne seine Brüder weiterzugehen, Justinen befiehlt, aufzustehen und ihm zu folgen, die übrigen Strafen erhielte sie im Innern des Klosters. »Muß ich nackt bleiben?« fragt Justine ein wenig besorgt. – »Gewiß,« antwortete der Abt, »ist denn mehr Gefahr, im Hause nackt zu sein, als in der Kirche? Nachdem deine Strafe hier nicht beendigt werden kann, mußt du mir dorthin folgen. wo dies geschieht.« – »Ich folge dir, mein Vater.« Der junge[133] Mann löscht die Kerzen aus und nimmt die Kleider mit. Er folgt Justinen, die hinter Severino geht, der mit einer kleinen Kerze leuchtet. So kommen sie in die Sakristei, durch einen wunderbaren Mechanismus öffnet sich eine in der Vertäfelung befindliche Tür, ein dunkler, schwarzer Gang zeigt sich und sobald sie ihn betreten, schließt sich die Tür. »Oh, mein Vater,« sagt Justine ganz zitternd, »wohin führt Ihr mich?« – »An einen sicheren Ort, von wo du wahrscheinlich nicht bald zurückkommen wirst.« – »Großer Gott,« sagt Justine und will zurückgehen ... – »Vorwärts, vorwärts,« sagt der Abt und stößt sie vor sich her, »es gibt kein Zurück mehr, und wenn du auch an dem Orte, wohin ich dich führe, nicht viel Vergnügen finden wirst, so wirst du wenigstens lernen, unserem Vergnügen zu dienen.« Diese schrecklichen Worte machen Justine erzittern, ihre erschreckte Phantasie malt ihr den Tod vor Augen, kalter Schweiß bedeckt sie, ihre Knie wanken, sie ist nahe daran, zu stürzen. »Elender Bankert,« sagt der Mönch und gibt ihr einen kräftigen Stoß in die Rippen, »vorwärts, keine Klagen, keinen Widerstand, alles ist umsonst.« Diese grausamen Worte bringen die Unglückliche zum Bewußtsein. »Gerechter Himmel,« ruft sie aus, »bin ich denn immer das Opfer meines Vertrauens und wird die fromme Begier, mich Gott zu nähern, wie ein Verbrechen gestraft?« – Der Marsch setzt sich fort; in der Mitte des Ganges löscht der Mönch das Licht aus und von dem Moment an spart er, die Angst Justinens bemerkend, weder Worte noch Taten. Stoßend und schlagend bringt er sie vorwärts. »Vorwärts, lauf du Hure, soll ich dich vielleicht von hinten in die Arbeit nehmen und dich auf der Spitze meines Schwanzes forttragen?« Hiebei läßt er sie die Spitze dieses Instrumentes fühlen. Plötzlich stößt Justine, welche nur mit den Händen forttappt, den Kopf gegen ein Eisengitter, dessen eiserne Spitzen ihr die rechte Hand zerreissen. Sie stößt einen Schrei aus, darauf öffnet sich die Tür. »Gib acht,« sagt der Mönch, »halte dich ans Geländer; du gehst über eine Brücke, ein Fehltritt und du liegst in einem Abgrund, von wo du nie mehr heraufkommst.« Dann kommt eine Stiege an die Reihe und dann eine Leiter, über welche sie hinaufsteigen muß; dabei befindet sich die Nase des Mönches am Arschloch Justinens; dieser benützt das, um zu küssen und zu beissen, wo er hintrifft. Sie kommen an eine Falltür, »Stoße sie mit dem Kopfe auf,« befiehlt der Abt. Lichtschein trifft das Auge Justinens, sie wird emporgezogen, Gelächter empfängt sie. Sie befindet sich mit ihrem Führer in einem reizenden Saale, in welchem fünf Mönche zu Tische sitzen; zehn Mädchen und fünf Knaben, alle fast entkleidet, von sechs nackten Frauen bedient. Dieser Anblick macht Justine erbeben, sie will fliehen, sie hat aber keine Zeit mehr, die Falltüre ist geschlossen. »Meine Freunde,« sagt Severino beim Eintritt, »gestattet, daß ich Euch ein Wundertier zeige; diese Lucretia trägt das Brandmal des Verbrechens

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Veröffentlicht / Quelle: 
Marquis de Sade: Die Geschichte der Justine. 1906
Prosa in Kategorie: 
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