Justine oder vom Missgeschick der Tugend - Page 53

Seiten

freuen und leiden sollte, hieße zu glauben, daß eine zerbrochene Uhr weiter die Stunden richtig anzeigen könne. Sei überzeugt mein Kind, daß nach dem Tode deine Augen nicht sehen, werden, deine Ohren nicht hören werden, aus der Tiefe deines Sarges wirst du die Szenen nicht sehen, welche deine Einbildung heute so schwarz sieht, du wirst nicht mehr besorgt sein, was mit deiner Asche geschieht als am Tage deiner Geburt. Sterben heißt aufhören- zu denken, zu fühlen, Freud und Leid zu empfinden. Schaue dem Tod mit Ruhe ins Angesicht und gewöhne dich daran, mit Gleichmut an ihn zu denken.«[124]

– »Oh, mein Herr,« sagte Justine, »wie traurig sind Ihre Ideen, sind die, welche ich in meiner Jugend empfangen habe, nicht viel tröstlicher.« – »Die Philosophie, Justine, dient nicht dazu, die Schwachen zu trösten, sie hat nur den Zweck, dem Geiste Gerechtigkeit widerfahren zu lassen und jegliches Vorurteil auszumerzen. Auch bin ich nicht ein Tröster, sondern nur wahrheitsliebend. Wenn ich dich trösten wollte, Justine, würde ich dir wie allen anderen Frauen meines Serails sagen, daß du frei bist, sobald du mir ein Kind geschenkt; ich sage dir dies aber nicht, weil ich dich nicht betrügen will. Du kennst mein Geheimnis und dies hält dich in ewiger Gefangenschaft; du mußt dich also, meine Liebe, schon in dem; Sarge sehen, von dem ich vorhin sprach, du wirst niemals die Schwelle der Tür wiedersehen durch welche du eingetreten.« – »Gnade, mein Herr!« – »Justine komm, es ist genug gesprochen, ich bin; aufgeregt, ich will vögeln.–« Die Alte wird wieder gerufen, Justine in das Boudoir geführt, man bindet die Unglückliche; auf den Schandpfahl und die Alte zieht sich zurück. »Elende Kreatur,« sagte hierauf der alte Faun mit Roheit, »du siehst, was eine gute Handlung einträgt; immer noch ist die Tugend in die eigene Falle geraten und war das Opfer des Lasters. Du hättest das Kind nur ruhig ertrinken brauchen lassen und ich hätte mich nicht um dich gekümmert.« – »Oh, mein Herr, wie konnte ich so ein Verbrechen begehen lassen?« – »Halts Maul, du Hure, hab ich dir nicht schon bewiesen, daß wir allein zu befehlen haben über das Stück Samen! Wohlan, du Dirne, schenk mir eins und ich werde es vor dir ertränken!« – »Im Namen des Himmels, Herr, habet Gnade; sobald Eure Begierde gestillt sein wird, werdet Ihr mich verachten, mich in Stich lassen, ich werde Euch zu nichts mehr nützen. Und doch kann ich Euch große Dienste erweisen, wenn Ihr mich anderweitig im Hause verwenden wollt.« – »Wozu denn?« sagte Bandole, indem er roh den Busen und die Scham Justines abgriff. »Ein Kerl wie du ist nur dazu da, gevögelt zu werden und dazu will ich dich verwenden. Der einzige Unterschied ist, daß ich dich noch mehr quälen werde wie die anderen denn du bleibst dein ganzes Leben hier!« Und damit macht sich Bandole, genügend erhitzt, an die Arbeit. Aber da er, wie alle Philosophen und Freigeister, Vorbereitungen traf, so schleckte er, da er ein Liebhaber der Fut war, zuerst diese, er biß auf den Kitzler und belustigte sich, die Scham mit den Zähnen zu enthaaren. Diese Vorbereitungen waren von verschiedener Heftigkeit, je frischer und hübscher das Objekt war, und da Bandole selten noch so ein schönes wie Justine unter die Hände bekommen, so zerbiß das Scheusal fast ihre arme, kleine Scheide; auch ihr schöner Popo empfing den Eindruck der Zähne des Wüstlings und endlich will das Scheusal zum letzten entschlossen darauf losgehen, als man ihm meldete, daß eine seiner Frauen nieder kommt. Es war dies so Sitte, den Sultan zu verständigen, der sich dabei sehr merkwürdig betrug. »Ihr hättet wohl einen Augenblick[125] warten können,« sagte er zur Alten, »ich wollte gerade vögeln, doch ihr habt den Befehl, mich immer zu verständigen und Ihr habt gut getan. Binde das Mädel los, sie soll mir folgen; bestimmt euch einst zu ersetzen, soll sie ihren Dienst lernen.« Justine, die Alte und Bandole gingen in die Zelle der Gebärenden. Es war ein Mädchen von neunzehn Jahren, schön wie der Tag; sie lag in den ersten Wehen. Bandole und die Alte packten sie und legten sie auf eine Maschine, welche zwar verschieden von dem Vögelapparat, aber mindestens ebenso unbequem war. Das Opfer lag so auf einem Brett, daß Kopf und Füße tief lagen, nur die Hüften waren erhöht. Auf diese Weise mußte die Niederkunft sehr gefährlich sein und gerade das kitzelte den Wüstling. Kaum lag das arme Mädchen auf seinem Schmerzensbette, als sie laute Schreie auszustoßen begann. »Das wird eine schwere Niederkunft,« sagte Bandole, als er sie betastet, »ich kann dir bei der Gelegenheit meine Geschicklichkeit zeigen.« Um sich noch zu überzeugen, steckte er einen Finger in die Gebärmutter der Leidenden. »Sie wird bestimmt große Schmerzen haben,« sagte er mit Freude, »das Kind kommt mit den Füßen voraus, wir werden schreckliche Mittel anwenden müssen.« Als nach einiger Zeit dieselben Symptome sich wiederholten, sagte er: »Es gibt kein anderes Mittel, die Mutter muß sterben, wenn ich das Kind retten will; und da das letztere mir noch großes Vergnügen bereiten kann, während die erstere mir nichts mehr nützt, wäre ich ein Narr, zu zögern.« So hörte die Unglückliche ihr Todesurteil, denn der rohe Geselle nahm sich keine Mühe, es ihr zu verschweigen. »Mir bleibt nur der Kaiserschnitt übrig.« Er packt seine Instrumente aus und macht sich daran, den Bauch zu öffnen. Er will das Kind ergreifen, es gelingt ihm, aber das Embryo kommt nur in Stücken heraus. »Der Herr hat hier eine glänzende Operation gemacht!« – »Sie ist fehlgegangen,« antwortete Bandole, »und das ist deine Schuld; warum kommst du mich rufen, wenn ich aufgeregt bin. Du weißt, ich kann nichts machen, wenn ich blind bin vor Geilheit; da hast du den Beweis. Das macht aber nichts; geile mich, Justine, und lenke den Strom meines Samens auf die blutigen Reste der Opfer.« – Justine, erschreckt, in Tränen aufgelöst, gehorchte zitternd; nach zwei Angriffen explodierte die Bombe. Es schien, daß der Schweinkerl niemals noch so gut gekitzelt wurde; die Mutter und das Kind sind befleckt von den sprechenden Beweisen seiner Stärke. Hierauf

Seiten

Veröffentlicht / Quelle: 
Marquis de Sade: Die Geschichte der Justine. 1906
Prosa in Kategorie: 
Thema / Klassifikation: