Justine oder vom Missgeschick der Tugend - Page 80

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Gouvernante zurückließ, die leicht daranzukriegen war. Ich verständigte Alexander, er kam mit Henriette zu uns, und die Gouvernante ließ uns gerne allein, wenn sie nur zu ihrem Liebhaber gehen konnte. Mein Kousin und meine Kousine konnten füglich für die zwei schönsten Menschen in Lyon gelten. Ich sagte zu Sofie, die ich seit langem vernachlässigt hatte, daß sie meinem Kousin alles gewähren sollte, was sie mir gegeben. »Versage es mir nicht, denn Henriette ist der Preis dafür und du würdest mich sehr kränken.« ...... »Was ist das,« sagte Henriette zu ihrem Bruder, »davon hast du mir ja gar nichts gesagt, sonst wäre ich gar nicht gekommen.« .... »Aber geh doch,« sagte Alexander zornig, »wozu diese Faxen, ist denn ein Unterschied zwischen mir und meinem Kousin? Und warum willst du ihm das nicht gewähren, was ich gehabt?«

»Ich sehe schon,« sagte ich, »die Fräuleins wollen nicht,« ich zog deshalb Sofie selbst die Röcke aus und gab sie Alexander mit den Worten: »gib mir die deine und kümmern wir uns nur um unser Vergnügen.« Die zwei Mädchen fallen sich unter Tränen in die Arme, aber wir versichern ihnen, daß wir vögeln und nicht weinen wollen, entkleiden sie rasch und vögeln sie abwechselnd. Henriette war entzückend und ich konnte nicht begreifen, wie man noch für Sofie schwärmen konnte, wenn man sie besessen. Dennoch waren wir beide, Alexander und ich gleich entzückt. Sofie machte mir vorwurfsvolle Augen und Henriette desgleichen ihrem Bruder. Es war klar, daß sie nur aus Leidenschaft gefehlt hatten und daß das Schamgefühl sich der Prostitution, zu der wir sie zwangen, widersetzte. »Fort mit den Tränen,« sagte Alexander »und vereinigen wir uns zur erschöpfendsten Kunst.« Mein Kousin vögelte meine Schwester zweimal in die Scheide und dreimal in den Arsch. Er zeigte mir den richtigen Weg zur Wollust der Frau, ich folgte ihm, fand aber, daß die Stätte der Fortpflanzung nicht die Stätte der höchsten Lust war. Deshalb huldigte ich vielmehr meiner eigenen Gottheit und bediente Henriette mehr von hinten als von vorn. Ich versicherte auch meinem Lehrer, daß die Natur wohl nicht viel auf die Fortpflanzung des Menschengeschlechtes gebe, weil mir der Altar derselben so wenig Freude mache. Hierauf kehrten wir wieder zu unseren ursprünglichen Geliebten zurück und Alexander zeigte mir eine ganze Reihe neuer wollüstiger Unterhaltungen.[182] Wir endigten mit einem ausgiebigen Mahle. Unsere Geliebten gaben sich dem Tafelgenusse mit derselben Freude hin wie dem Sinnesgenusse und beim Abschied versprachen wir uns den heutigen Tag oft zu wiederholen. Dies taten wir so rasch und so oft, daß unsere Fräuleins in die Hoffnung kamen. Trotz meiner Vorliebe für den Arsch meiner Kousine war Henriettens Kind doch mein eigenes. Es war ein Mädchen das noch in meiner Geschichte eine Rolle spielen wird. Dieses Ereignis kühlte uns beide sehr ab, besonders da wir es nur mit der größten Kunst geheimhalten konnten. Eines Tages fragte mich Alexander, ob ich noch immer dieselben Ideen bezüglich meiner Schwester hätte. »Gewiß,« antwortete ich, »sie ist in meinen Augen ein Ungeheuer und ich möchte mich für die Enttäuschung, die sie mir angetan, rächen, doch wenn du sie liebst, so schone ich sie.« »Was, ich eine Frau lieben, die ich gevögelt habe? Kennst du mich so wenig, beide Mädchen sind uns verhasst und wenn du willst, so wollen wir darüber nachdenken, wie wir sie vernichten könnten.« »Ich weiß ein sicheres Mittel, laß dich mit meiner Schwester von meiner Mutter überraschen und dann ist Sofie verloren.« »Wieso verloren?« .....»Sie steckt sie ins Kloster.« ...... »Eine schöne Strafe, da weiß ich etwas besseres für Henriette.« ...... »Und was ist das?« »Ich will daß sie beschimpft und für immer verloren ist. Ich will, daß sie ihr Brot vor meiner Tür betteln kommt und ich es ihr verweigere. Aber ich kann dir noch nichts verraten. Gehen wir jeder nach unserer Weise vor und der, welcher mehr erzielt, hat an den andern einen Wunsch frei.« ...... »Eingeschlagen, aber bevor wir das machen, müssen wir uns noch einmal an ihnen ergötzen.« Nachdem meine Mutter noch immer abwesend war, veranstalteten wir eine neue Zusammenkunft, die noch viel ausschweifender ausfiel. Wir begannen nämlich unsere einstmaligen Ideale zu quälen. Wir banden sie mit den Bäuchen zusammen und peitschten sie über eine halbe Stunde. Wir ohrfeigten sie und am Schlusse beginnen wir alle Scheußlichkeiten, wir bespien und beschiessen sie. Wir lachten über ihre Tränen, sie mußten uns nackt während des Soupers bedienen und wir nahmen mit Fußtritten von ihnen Abschied. Sechs Wochen sah ich nicht Alexander und dies benützte ich um die Mine für Sofie zu graben. Meine geile Schwester ließ sich auch von einem meiner anderen Freunde verführen, und ich ließ sie erwischen. Die Wut meiner Mutter war unbeschreiblich. »Komme ihrer Strenge zuvor, du kommst ins Kloster, wenn du dich nicht dieses Ungeheuers entledigst. Schaffe sie aus dem Weg.« Ich bereitete das Gift vor und Sofie gibt es nach langen Zögern meiner Mutter zu trinken. Als diese im Sterben liegt komme ich herbeigestürzt: »Gerechter Himmel!« rufe ich aus, »teure Mutter, was ist dir geschehen? O ich weiß, Sofie ist es, die sich so für deine berechtigte Strenge rächt, ich weiß alles, sie muß sterben, das Ungeheuer das ihre Mutter getötet hat.« Einem herbeigeeilten Gerichtskommissär übergebe ich das Gift, in die Wäsche meiner Schwester gewickelt, und sage zu ihm: »Gibt es noch einen Zweifel, das ist schrecklich für mich, aber ich ziehe den Tod meiner Schwester unserer[183] Schande vor. Tun sie ihre Pflicht, mein Herr, so schrecklich ich auch leide.« Sofie verwirrt, wirft mir entsetzliche Blicke zu und will sprechen. Doch der Schmerz und die Verzweiflung nehmen ihr die Kraft und sie stürzt ohnmächtig zusammen.

Der Prozess war kurz, ich brachte meine Beweise vor, Sofie widersprach und gab mich als Urheber an, aber meine Mutter in ihren letzten Zügen, klagte Sofie an. Bedurfte es mehr, um die Richter zu überzeugen? Sofie wird verurteilt und ich eile zu Alexander. »Wie weit bist du?« fragte ich ihn. »Hast du nicht gehört,« antwortete er, »von einem Mädchen, welches heute aufgehangen wird, weil sie ihre Mutter vergiften wollte?« »Gewiß,« sagte ich, »es ist meine Schwester und das

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Veröffentlicht / Quelle: 
Marquis de Sade: Die Geschichte der Justine. 1906
Prosa in Kategorie: 
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