AU 2010 05 Auckland, NZ - Page 6

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von Willi Grigor

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Jahre Berufsleben an verschiedenen Orten in Deutschland. Der erste Auftrag nach dem Ingenieurstudium führte mich 1970 nach Escher Wyss in Ravensburg, nicht weit vom Bodensee. Gullan war schon da. Am 8. Mai lernten wir uns kennen. Dieser wunderschöne Sommer ging am 9. September zu Ende, da Gullan plangemäß zurück nach Schweden fuhr. Im nächsten Jahr kam sie jedoch zurück, ich hatte eine Wohnung in Königstein im Taunus und ihr eine Anstellung besorgt. Mitte 1975 zogen wir nach Schweden, ich hatte einen Anstellungsvertrag von Babcock Rohrbau für die Mitarbeit an zwei Kernkraftwerken in Forsmark. Im Oktober wurde Axel geboren und zwei Jahre später Karin. 1979 waren die Kraftwerke fertig. Zurück nach Deutschland wollten wir nicht. Bis 1985 Arbeit in Karlstad und Haus in Molkom, danach bis 1988 in Säffle. Wir zogen um nach Åmål, wurden Nachbarn zu Gullans Eltern. Gleichzeitig machte ich mich selbstständig. Gullan half mir, wenn viel zu tun war, auch sie hatte technisches Zeichnen gelernt. Axel ging mit 17 Jahren für ein High-School-Jahr nach Iowa/USA. Während seines folgenden Hochschulstudiums für Media/Film in Schweden informierte er uns eines Tages kurz: "Ich werde ein Jahr in Australien auf der Filmhochschule in Brisbane studieren." Gullan und ich waren zwei Fragezeichen und er erläuterte: Er hatte sich für ein Stipendium dort beworben und wurde von vielen Bewerbern der Auserwählte, zusammen mit einer Studienkollegin, Geschlechtergerechtigkeit. Es war ein richtiger Coup, wir waren überrascht aber auch stolz.
Auf der Griffith University lernte er Cheron kennen. Er kam zurück nach Schweden, beendete seine Ausbildung, bewarb sich bei der Griffith University um die Weiterführung seines Studium dort, bekam die Erlaubnis und flog wieder zurück nach Brisbane und Cheron. Nach Abschluss seines Studiums gründeten er und ein Studienkollege aus Iran eine eigene kleine Filmproduktionsfirma. Sie hatten einen relativ guten Start mit Dokumentarfilmen und sie halten sich immer noch über Wasser in dieser schwierigen Branche. Cheron und Axel heirateten im Jahr 2000, Enkel Isaac kam 2005 und Lucas 2008 zur Welt. Als Isaac geboren wurde hatten wir genügend Mut und Motivation um die lange Reise nach Australien zu wagen. 2006 machten wir unsere erste Reise dorthin (zur Hochzeit vertrat Tochter Karin uns vor Ort). Ein Wohnungstausch mit einem australischen Paar machte es uns möglich, ohne Wohnkosten drei Monate in einem schönen Haus bei Brisbane zu wohnen. Diese Reise wurde ein positives Supererlebnis. (Karin und Schwiegersohn Anders kamen auch für einige Wochen und die ganze Grigorfamilie war für einige Tage in Brisbane vereint. Dies war einer der vielen Höhepunkte dieser Reise.) Wir wiederholten sie 2008, wohnten an verschiedenen Orten bis wir nach Brisbane kamen, und erlebten ähnlich positive Eindrücke wie 2006. Jetzt, 2010, sitzen wir hier auf einem Balkon in Auckland in Neuseeland, eine von mehreren Zwischenstationen auf dem Weg nach Brisbane, und es ist offensichtlich, dass wir auch diesmal drei wunderbare Monate fern vom winterlichen Schweden erleben werden.

Auch Gullan wiederholte in Stichworten ihren Weg bis zu unserem Zusammentreffen in Ravensburg: Sie ist in Åmål geboren. (Anmerkung, ich schreibe diesen Bericht Januar 2011: Seit Oktober 2010 wohnen wir in einer Mietwohnung in einem Haus gegenüber dem früheren Krankenhaus, in dem Gullan geboren wurde. Der Kreis hat sich geschlossen.) Nach Grund- und Realschule gehörte sie zu der ersten Gruppe von Mädchen, die eine Lehre als Technische Zeichnerinnen bei KMW in Karlstad machen durften. Alle wurden nach der Lehre Ende 1959 dort angestellt. 1962 arbeitete sie drei Monate bei einer Tochterfirma in London.
1963, sie war 22 Jahre alt, spürte sie den Drang etwas anderes zu machen. Sie wollte raus aus dem Trott und für ein Jahr nach Amerika. Bibi, eine Freundin von ihr, hatte ähnliche Pläne. Mit dem Passagierschiff "Gripsholm" fuhr Gullan von Göteborg nach New York. Ein Arbeitskollege vermittelte Gullan Kontakt zu einem Ehepaar in Massachusetts wo sie wohnen durfte. Dieses half ihr auch zu einer Anstellung in einem technischen Büro. Nach acht Monaten hatte sie genug verdient um die restlichen Monate durch die USA reisen zu können. Sie fuhr mit dem Greyhound-Bus von der Ost- zur Westküste und traf in Los Angeles/Kalifornien mit Bibi zusammen, die sich mit verschiedenen Jobs die letzten acht Monate durchgeschlagen hatte. Nach einem Monat und verschiedenen Abenteuern (Gullan bei neuentdeckten Verwandten und Bibi u. a. in Mexiko) fuhren beide mit dem Greyhound-Bus zurück an die Ostküste und mit dem Flugzeug wieder heim nach Schweden.
Sie arbeitete wieder bei KMW in Karlstad, hatte aber immer wieder Lust auf Reisen, die sie in den nächsten fünf Jahren, zusammen mit einer Freundin, nach Norwegen, Griechenland, Spanien, Marokko, Deutschland, Schweiz, Italien, Sardinen, Korsika, Holland und Frankreich führten. Im September 1969 bekam sie die Möglichkeit, für ein Jahr bei Escher Wyss in Ravensburg zu arbeiten. Im Februar 1970 kam ich zur gleichen Firma und unser gemeinsames Leben begann.

Wir prosteten mit dem Rest des Weins in den Gläsern auf die Zukunft an und beschlossen damit den Tag. Morgen sollte mein großes Sky-Tower-Abenteuer stattfinden. (Siehe
"AU 2010 06 Walk and Jump in Auckland" unter "Prosa".)

Der Tag nach dem Sprung war ein Sonntag. Genau eine Woche nach unserer Ankunft hier, trafen wir zum ersten Mal unsere Tauschpartner Anne und John. Sie kamen zurück von einem Besuch in Adelaide, Australien und besuchten uns, bevor sie zu ihrem Ferienhaus außerhalb Aucklands weiterfuhren. Sie machten einen netten Eindruck, wir verstanden uns gut. Wir sagten, dass wir lieber einen Computer als das Auto hätten. Der Vorschlag wurde sofort angenommen. Anne und John hatten in der kommenden Woche größeren Bedarf an ihrem Auto als ihrem Laptop. Für uns war es umgekehrt. Wir erfuhren auch, dass die Zikaden das Klappergeräusch durch Schlagen der Flügel gegen den Körper erzeugen. Der Körper dient damit als Resonanzkörper, der den Ton verstärkt. Zusammen mit dem hohen Pfeifton ergibt sich der charakteristische Laut, der aber nur in den Monaten Februar-März zu hören ist. Ich gehe fast jeden Tag in unseren Park in der Nähe um diesem phantastischen Konzert zu lauschen.
Anne und John boten uns noch an, uns am Samstag in die City zu unserem Bus nach Wellington zu bringen, was wir dankend annahmen.
Ich hatte die Branson-Biographie ausgelesen und ein neues interessantes Buch aus deren Bücherschrank angefangen.

© Willi Grigor, 2010/11 (Rev. 2017)

Gedichte und Prosa:
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