Schwarzes Kolorit (Leseprobe: Kapitel 1) - Page 5

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vor ein paar Minuten bereits den Atem raubte.
"Hallo. Freut mich sehr Sie alle kennenzulernen. Ich bin Jacob Lohr. Vielen Dank für die freundliche Einladung"
und während er dabei jedem die Hand reichte, blickte er zu Sophie hinüber und lächelte sie an. Den ganzen Abend verloren die Beiden jedoch kein Wort über ihre vorherige Begegnung. Lediglich ihre Blicke verrieten, dass da mehr war.

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Sophie lag noch wach und lauschte dem Geräusch, das alle paar Sekunden aus ihrem Badezimmer zu hören war. Sie hatte vergessen den Wasserhahn fest zuzuschrauben, sodass sich am Duschkopf Tropfen bildeten und auf den Boden der Badewanne prallten. Es kam ihr so vor, als würde das Plätschern allmählich schneller werden, denn es gelang ihr nicht, mit der flachen Hand auf ihrer Brust den Rhythmus des Tropfens mit zu klopfen. Angestrengt versuchte Sophie den Takt mit Hilfe ihrer Gedanken zu beeinflussen, doch gehorchte das Wasser nicht ihrem Verlangen nach konstanter Frequenz. Was sie zunehmend unruhiger werden ließ. Mit ihren Fingern konnte sie spüren, wie sich ihr Herz von Sekunde zu Sekunde stärker an ihre Brustwand drückte. Von da an richtete sie ihre Aufmerksamkeit weg von den Geräuschen, die aus ihrem Badezimmer kamen und vermehrt auf die Vorgänge, die sich in ihrem Inneren abzuspielen schienen. Sie fühlte, wie mit jedem Herzschlag Blut durch ihre Gefäße getrieben wurde und sich ein tiefes Vertrauen in ihren Körper aufbaute. Sophie hatte über die Jahre gelernt, sich selbst über Atmung und Mediation regulieren zu können. Auch dieses Mal gelang es ihr, die Nervosität in den Griff zu bekommen. So wichen Gedanken ihren Träumen und eine Straße baute sich vor Sophies geistigem Auge auf. Es war ein langer Weg, der am Horizont in Flammen aufging. Als sie sich umdrehte, sah sie, dass verbrannte Erde hinter ihr lag und kalte Asche die Umgebung in helles Grau umhüllte. Je näher sie jedoch dem Ende der Straße kam, desto stärker wurde das Feuer, dessen Hitze sie bereits deutlich fühlen konnte. Auf ihrem Weg verlor ihre Umgebung an Farbe und Todesangst stieg in ihr auf. Sophie begann zu rennen, um der Asche zu entfliehen, in die sie bereits bis zu den Knöcheln versunken war. Das Laufen fiel ihr mit jedem Schritt schwerer und plötzlich sah sie, wie sich ein Gesicht in den Flammen erhob, das sie vor Schreck erwachen ließ. Ihr Bett war von Schweiß durchnässt und ihr Herz raste, sodass Sophie ihren Puls nur noch als ein stetiges Dauerpochen wahrnehmen konnte. Sie riss das Schlafzimmerfenster auf und versuchte die frische Winterluft vorsichtig durch einen dünnen Seidenschal hindurch einzuatmen, den sie sich mit zittrigen Händen vor den Mund presste. Die Kälte brannte in ihren Lungen und machte das Atmen unmöglich. Es war nicht das erste Mal, dass Sophie aufgrund von Alpträumen erwachte und in Panik geriet. Sie wusste aber, dass ihren Symptomen keine körperlichen Ursachen zugrunde liegen würden. Das hätten ihr zumindest die Ärzte garantieren können, von denen sie sich schon so oft untersuchen ließ. Jedoch belasteten diese nächtlichen Vorfälle Sophies Psyche ungemein. Selbst tagsüber auf der Arbeit verfolgten sie noch ihre Träume, sodass Katherine häufig ihre Aufgaben mit erledigen musste, da Sophie bei jeglicher Belastung erneut in Panik geriet. Was natürlich vor Patienten oder auch Dr. Kollwitz sehr ungünstig gewesen wäre. Auch an diesem Tag litt Sophie unter ihren Ängsten, deren Ursprung sie nicht ausfindig machen konnte. Ihr war bewusst, dass ihre Alpträume oft albern oder lächerlich für andere erscheinen mussten. Umso mehr wehrte sie sich dagegen, den Rat ihrer Ärzte zu befolgen und sich psychotherapeutische Hilfe zu suchen. Auch Katherine hatte ihr schon oft dazu geraten, ihre Probleme einem Therapeuten anzuvertrauen. Nur wollte Sophie sich diese Schwäche nicht eingestehen und versuchte zum Beispiel mit Joga, Gesprächen in Internetforen oder auch durch das Lesen von Mediationsbüchern sich selbst zu helfen. Das gelang ihr jedoch nur so sehr bedingt. Am schlimmsten war es für Sophie, wenn sie versuchen musste, endlich einzuschlafen. Häufig wachte sie mitten in der Nacht auf, hatte ohne erkennbaren Grund schreckliche Angstzustände und konnte sich erst nach einigen Stunden langsam wieder beruhigen. Sie fühlte sich völlig hilflos, da sie nicht wusste, was der Auslöser ihrer nächtlichen Panikattacken war und auch nicht, wie sie sie hätte beeinflussen können. Dieses Mal wollte sie Katherine dennoch nichts davon erzählen, denn ihre Antwort kannte sie bereits gut genug und damit nerven wollte Sophie sie auch nicht ständig. Aus diesem Grund nahm Sophie am Morgen nach ihrer schlaflosen Nacht eine Straßenbahn später als üblich, da sie ansonsten Katherine auf dem Weg zur Arbeit begegnet wäre. Sie wollte es vermeiden, dass man ihr die Unruhe gleich früh morgens ansehen könne und auf der Arbeit würde man es sowieso schlecht bemerken, weil es da meist hektischer zuginge. Vielleicht, so hoffte sie, wären auch alle noch etwas müde von der gestrigen Weihnachtsfeier. Doch als Sophie an der Haltestelle ausstieg, die sich gegenüber der Praxis befand, sah sie von draußen bereits zwei Patienten vor der Türe warten. Katherine war anscheinend noch nicht da, was nicht zu ihr passte, denn auf Pünktlichkeit und Rutine legte sie immer großen Wert. Nachdem auch Dr. Kollwitz etwa zwanzig Minuten später die Praxis betrat, war von Katherine immer noch nichts zu hören. Also beschloss Sophie, sie auf dem Telefon anzurufen. Doch selbst zehn Minuten und fünf unbeantwortete Anrufe später, ließ eine Antwort von Katherine auf sich warten. Zunächst bemerkte Dr. Kollwitz noch nichts von ihrer Abwesenheit. Nachdem sich aber das Wartezimmer langsam füllte und die Schlange aus Patienten an der Rezeption länger wurde, fragte er:
"Sophie, haben Sie schon was von unserem alten Mädchen gehört?"
Katherine und Dr. Kollwitz kannten sich schon seit über fünfundzwanzig Jahre und ihr Umgang miteinander war stets herzlich und respektvoll. Auch wenn sie sich gerne gegenseitig neckten, hatte man jedoch immer das Gefühl, als wäre an ihnen ein altes Ehepaar verloren gegangen. Beide waren bereits verheiratet, als sie sich kennengelernt hatten. Nach einigen Jahren ließ sich dann Dr. Kollwitz von seiner damaligen Frau scheiden. Katherins Mann verstarb etwa zwei Jahre später und als es zwischen den Beiden zu funken schien, hatten sie sich bereits mit ihrer

Leseprobe aus: Schwarzes Kolorit

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