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es wagen, aus ihrer Anonymität aufzutauchen. Wenn schon nichts anderes, so wäre dies doch immerhin etwas. Falls es die Cleveren nicht schaffen, auch solchen Mechanismus zu nutzen.
Wenn der Mensch dafür eingerichtet ist, beherrscht zu werden, wäre die unbarmherzige Cleverenvernichtung der einzige Weg zur Gemeinsamkeit und die letzte Konsequenz. Aber jeder denke und suche, viele werden sich am Wege treffen, wir alle oder fast alle. Die Frage, um die es geht, steht klar vor Augen. Und es ist uns nicht so leicht gemacht, daß wir ein Kolonialvolk wären, vielleicht noch farbiger Haut und daß die Cleveren unter uns sich durch ihre Hautfarbe verrieten. Die Kämpfer der Vergangenheit hatten es leicht, ihre Feinde zu brandmarken, aber wo ist der Kämpfer aus unseren Breitengraden dieser Epoche? Einst war der Feind kenntlich als Banalität des damaligen Alltags, an den Standessymbolen, die jene selbst sich voll Stolz an die Brust hefteten.
Doch das sind dumme Worte, enthüllen kindische Methode, denn von außen gesehen oder der Nachwelt werden unsere Herren genau so eindeutig etikettiert sein, wie zu Zeiten von Adel und Kolonialherrschaft. Wundernd werden die Enkel fragen, warum wir den in der Edelkarosse vorbeischwebenden Blutsauger nicht erkannten. Trotzdem sagen wir, die Algerier vor Augen: was sollen wir tun, unsere Feinde haben sich raffiniert getarnt in Demokratie und Bürokratie und wenn sie tagsüber in den Rechenzentren ungeheuerliche Varianten der Repression durchspielen, in den magischen Tempeln ihrer Wolkenkratzer, erkennen wir sie nicht mehr an der Kostbarkeit ihrer Kleidung, wenn wir ihnen begegnen von Mensch zu Mensch außerhalb der Imperien und Villenbezirke, und wir begegnen ihnen immer außerhalb, nur auf dem Weg zwischen dem Direktionszimmer, zur Schaltzentrale der geheimen und nach Plan betätigten allumfassenden Peitschenschwingermaschinerie, neu eingestellt nach dem jeweiligen Bedürfnis des Tages, auf dem Weg von dort zu den Anhäufungs- und Konsumationsstätten ihres Raubguts. Immer entfernt von ihren Tatorten liegen die.
Die Räuber von fern verzehren ihren Braten hier und die Räuber von hier in der Ferne, sodaß die örtlichen Nobelgegenden jeweils von Fremden bewohnt sind und es an jedem Ort für sich allein betrachtet so scheint, als gäbe es an ihm keine Ausbeuter und der Großhändler von nebenan hat seit eh denselben Mantel an und arbeitet sich zu Tode. Unser Herr Maier von nebenan ist ein ehrlicher Geschäftsmann - was ist das? und wir kennen ihn schon seit fünfzehn Jahren und seine Frau muß andauernd ins Sanatorium, die Arme. Die soll arbeiten, sag ich, das wird ihr guttun, du aber, der du sie bedauerst, hast Aussicht, daß deine Frau endlich nach Jahren doch noch mit dem Muttergenesungswerk auf Urlaub fahren darf, wenn sie sich weiterhin so abrackert, denn dann wird sie bald vom Sozialarzt als gefährdet diagnostiziert werden. Doch du wirst die Ironie nicht erkennen und sagst, na siehst du, haben wir es nicht weit gebracht, für die Kranken im Volk ist gesorgt. Neid ist ein böses Laster, sagst du. Und wiederum wirst du meine Gedanken nicht erraten. Mitleid oder Entsetzen.
Die Herren im Anzug wie du und ich. Aber so raffiniert sind sie vielleicht doch nicht. Das geschärfte Auge erkennt sie, selbst, wenn sie in Fetzen gingen und sie gar vor sich selbst nicht wissen, daß sie es sind. Nicht wissen, von der unbarmherzigen Natur bestimmte Räder dieses gräßlichen Menschheitsmechanismus zu sein.
Die Zerschlagung dieses Mechanismus wäre wohl eine Mutation zu nennen und es ist genauso wahrscheinlich, daß diese Mutation lebensfähig ist, wie daß sie es nicht ist. Übrigens wäre nicht die Zerschlagung dieses Mechanismus die Mutation, sondern der Wille, es bewußt zu tun. Also nichts, was aus der Theorie kommt, sondern das biologisch ist. Der Wille zur Vernichtung der Cleveren ist in seinem Zeitpunkt menschheitsgeschichtlich biologisch bedingt, das heißt, daß er einen großen Teil der Menschheit erfasst hat, dass er in der Masse der Menschheit reif geworden ist und daß die Realisierung nun in der Menschheit global wirklich geschieht. Sonst machen die Lumpen nachher weiter wie zuvor.
Der Weg zur die Cleverness ausstoßenden Mutation kann schon vor Jahrtausenden begonnen haben, das erste Exemplar der neuen Rasse kann schon vor Jahrtausenden über die Erde geschritten sein, aber, der Gedanke, wenn er die gesamte Menschheit erfaßt hat und diese auch fähig vorfindet, ihn zu verwirklichen, ist das wahre Ereignis.
Wie der Homo sapiens scheinbar plötzlich eines Tages die Neandertaler ablöste, zehntausende Jahre vorher aber erst in wenigen Exemplaren vorhanden gewesen ist. Der Sapiens konnte den Neandertaler nur infolge neuer Gegebenheiten ablösen. Wären aber die alten Gegebenheiten zurückgekehrt, hätte die Natur den neuen Spezial-Typus verworfen und auf den ursprünglichen Typus zurückgegriffen.
Wenn ich aus einem Baumstamm einen Mann schnitze und es in einer fortgeschrittenen Situation nötig ist, daß ich eine Frau schnitze, dann werde ich vernünftigerweise auf einen neuen Baumstamm von den vielen noch ungeschnitzt vorhandenen zurückgreifen und von diesen wieder den für meine Zwecke geeignetsten und ich werde, wenn ich meine Schnitzarbeit gut machen will, davon Abstand nehmen, an der vorher begonnenen Figur weiterzuarbeiten, aufdaß letzten Endes doch noch die gewünschte neue Figur entsteht. Zumindest werde ich, wenn ein anderer in Konkurrenz mit mir den neuen Auftrag erledigt und dabei natürlich mit dem rohen Baumstamm beginnt, schlecht abschneiden, für nichts geachtet werden und meine Figur wird schließlich ins Feuer geworfen, um wenigstens noch den Kamin des Raumes zu heizen, in dem die wohl gelungenen Gestalten der anderen Schnitzer, die nicht verworfen wurden, ihren Platz gefunden haben.
Die neue Rasse ist immer da, wenn es nicht die eben neu anerkannte ist, so ist sie doch da in der Urmasse. Die neue Rasse ist bei Änderungen der Konstellation nie in der eben anerkannt neuesten Mutation enthalten und geht selten aus ihr hervor, sondern die Natur greift zur neuen Mutation auf die Masse zurück, um veränderten Verhältnissen gerecht zu werden, mögen die neuen Verhältnisse nun durch äußere Ereignisse gekommen sein oder die Menschheit hat mit Macht selbst eine neue Konstellation herbeigeführt und wird die Geister, die sie rief, nicht mehr los, steht staunend vor den Verhältnissen, die sie selbst mit unverständlicher Gier weiter vorantreibt, die Verhältnisse machen sich selbständig, installieren einen neuen Mechanismus, der letzten Endes nicht mehr bewältigt werden kann in der alten Form, sie verlangen eine