Stromausfall - Page 12

Bild von Bernd
Bibliothek

Seiten

Konflikt anheizen wollen.“

„Ob wir dafür einen Bonus bekommen?“, fragt Gamma ohne Ironie, während sie mit der Flugsicherung telefoniert.

Der Agent hat die einzelnen Sektionen ausgewertet. Das passt genau. Stimmt exakt mit deren zwei Zeitzonen übereinander. Die westliche Station geht erst in fünfunddreißig Minuten hoch. Und davon sind dann auch wir betroffen.“
„Merde!, platzt es wütend aus ihm heraus. „Über Hacker ging es in diesem Land nicht, weil die Werke absolut gesichert sind. Es war im Test nicht möglich, alle Werke fast gleichzeitig zu kappen. Und dann hätte immer noch Strom aus dem Ausland eingeführt werden können“, erklärt er wie eine Entschuldigung.

„Wenn das Gesamtprojekt am Ende erfolgreich war können wir vielleicht aus dem Missgeschick einen Nutzen ziehen“, schlägt Gamma schelmisch vor.

„Für was könnten wir die dreißig Minuten nutzen?“, fragt der Agent in den Raum hinein.

„Können wir das Hotel verlassen, schon aus checken?“ erwidert Gamma.

„Ich glaube nicht, inzwischen werden alle informiert sein. Und während des Check-Out wird hier der Strom ausfallen und unser Check-Out wird unterbrochen. Somit sind wir kein Stück weiter.“

„Dann bleibt nur noch, die Zeit hier in der Suite zu verbringen. Also kann ich meine Rache doch noch ausleben“

„Was für Rache? Wir sind hier noch nicht fertig. Außerdem müssen wir das Land noch verlassen. Wenn die einmal geschnallt haben, warum der Strom ausfiel, dann haben die absolut höchste Alarmstufe. Dann wird jeder kontrolliert. Vielleicht sogar wir Ausländer besonders. Die Kollegen reisen über verschiedene Grenzen raus. Ein Tourist verlässt das Land, weil die Infrastruktur zusammen gebrochen ist. Völlig unauffällig. Ich werde es morgen Mittag auch so machen. Nee, heute Mittag, wir haben ja schon morgen.“

Seine Partnerin guckt ihn etwas verwirrt an. Einen Kommentar verkneift sie sich.

„Was ist mit dem Hubschrauber?“

„Ich habe für morgen Mittag einen Grenzüberflug beantragt und genehmigt bekommen. Aber bei der höchsten Alarmstufe wegen der inneren Sicherheit können die alles widerrufen. Mit dem Hub komme ich dann vielleicht nicht raus. “

Beta steht wieder wieder am Vorhang. „Alles noch beleuchtet. Wir haben noch vierzehn Minuten.“ Nach einer Pause fragt er in tiefen Bass: „Kommst du mit dem Hub bis zur Grenze geflogen? Eventuell zu einer anderen Grenze?“

„Der kürzeste Weg ist der zur Grenze in Westen. Wo ich herkam und noch die Erlaubnis habe. Ich könnte bis zur Grenze fliegen. Vielleicht habe ich Glück und die zwingen mich nicht zur Landung und schießen nicht auf mich, wenn ich mich deren Anweisungen widersetze.“

„Wie sollen die dich abschießen können. Ohne Strom können die nicht einmal starten. Würden die dich überhaupt starten lassen?“

„Kann ich nicht sagen. Kann durchaus sein, dass die mich gar nicht erst starten lassen. Aber irgendwann müssen die einen starten lassen. Besonders einen Hubschrauber, der auf Sicht fliegt und sich am Landmarken orientieren kann.“

„Noch sechs Minuten“, sagt Beta.

„Eigentlich könnte ich den Hub auch stehen lassen und mit dir mitfahren. Dieser Hubschrauber ist gemietet. Und wahrscheinlich mit falschen Daten.“

„Dann solltest du Peter fragen. Aber beeile dich, bald wird auch das Funknetz zusammen brechen.“

Gamma geht auf Beta zu. „Die werden sehr schnell mitbekommen, dass der Anschlag den Hauptstrommasten galt. Und feststellen, dass die Reparatur einige Tage braucht. Die Notstromaggregate sind nach ein paar Stunden leer. Tankstellen, Ampeln und die ganze Infrastruktur ist lahmgelegt. Selbst die Notstromaggregate von Krankenhäusern und wichtigen Einrichtungen haben irgendwann kein Benzin mehr. Und getankt kann nicht werden. Die Tankstellen haben auch keinen Strom. Es funktioniert kein Telefon mehr, kein Mobilfunk, kein Radio und kein TV.“

„Und keine Alarmanlage, kein Rolltor, keine Klospülung, kein Herd und keine Mikrowelle. Der Kühlschrank schaltet ab und in den Gefrierschränken taut das Fleisch. Ein Anschlag auf ein Land, dessen Wirkung mit Waffen nicht zu erreichen gewesen wäre. Und dieser Anschlag fordert im Gegensatz zu einem Waffeneinsatz keine oder sicher nur wenige Menschenleben“, ergänzt der Agent.

Die Pilotin versucht den Leiter der Organisation zu erreichen. Doch es nicht möglich eine Verbindung aufzubauen.
„Wenn wir den Hub hier stehen lassen, müssen wir die Kisten entsorgen. Wir müssen also eh zum Flugplatz“, erklärt Gamma.

Beta will laut die letzten Minuten und Sekunden mitzählen, doch sein Blick auf Lucia hält ihn davon ab. Seine Augen bewegen sich im Sekundenrhythmus von seiner Armbanduhr zur Straßenbeleuchtung und wieder zurück.
Sieben, sechs, fünf, vier, drei, zwei, eins, zählte Beta in Gedanken mit. Ganz hinten am Horizont, erkennt er einen kleinen Blitz.
„Endlich“, sagt Beta, als die Straßenbeleuchtung erlosch.

Gamma bläst laut Luft durch ihre Zähne. „Puh, geschafft.“
Die Beleuchtung in der Suite flackert kurz. Dann stabilisiert sie sich und es bleibt hell.
„Das ist der Notstromaggregat. Bin gespannt wie lange damit der Betrieb aufrecht gehalten werden kann“, sagt die Pilotin.

Beta geht zur Eingangstür und öffnete sie etwas. Im Flur leuchten nur die Hinweisschilder zu den Notausgängen schwach. Es ist nichts zu hören.
„Gamma, kommst du bitte einmal.“
„Gamma, bleibe bitte an der Tür stehen und lasse sie einen Spalt offen. Ich gehe ins Treppenhaus und in den anderen Etagen gucken.“

„Nimm deine Waffe mit“, flüstert die Agentin.
„Oh, wie besorgt du um mich bist.“

„Nicht um dich, um mich.“

Beta geht ins Schlafzimmer, zieht sein Hemd aus und den weißen Bademantel vom Hotel über. Dann steckt er seine Pistole in den Hosenbund und nimmt seine Taschenlampe.
„So okay, Frau Kollegin?“

„Nein. Die Straßenschuhe fallen auf.“

Merde. Da habe ich schon wieder gepennt. Nach diesem Einsatz muss ich mir klar werden, warum mir so viele Patzer passiert sind. Vielleicht sollte ich mit meinem Coach darüber sprechen, überlegt er während er seine Schuhe und seine Strümpfe auszieht und in die vom Hotel bereit gestellten Hausschuhe schlüpft. Die Hose ziehe ich jetzt nicht aus, wohin mit der Waffe sonst. Der kurze Blick in den Spiegel bestätigt ihm, dass er nun trotz der Anzughose, wirklich wie jemand aussieht der aus seiner Suite geht, um nach zu sehen.
Die beiden Aufzüge sind außer Betrieb. Im Treppenhaus sind auch nur die Hinweisschilder zum Notausgang schwach beleuchtet. Der Agent geht in das 5. Stockwerk. Auch hier leuchten nur die grünen Hinweisschilder. Es sind keine Geräusche zu hören. Vielleicht sind nicht alle Zimmer belegt oder die Gäste schlafen schon. Er geht durchs Treppenhaus in das 4. Stockwerk. Beta öffnet die Feuerschutztür und sieht den Lichtschein einer Taschenlampe. Es ist ein

Seiten

Interne Verweise